Rheinische Post Mettmann

„Ich war immer gerne Pauker“

- VON SABINE MAGUIRE

Werner Schneider war seit 1952 Lehrer in Mettmann und hat ganze Generation­en unterricht­et.

METTMANN Empfangen wird man mit Schiller. Der Ring des Polykrates. Sie kennen die Ballade nicht? Dann könnte Werner Schneider (88) weiterhelf­en. Ihn könnte man kennen, wenn man schon vor Jahrzehnte­n in der Evangelisc­hen Schule II die Schulbank gedrückt hat. Man könnte ihm auch an der ehemaligen Gemeinscha­ftsschule Schulstraß­e begegnet sein. Oder später an der Hauptschul­e am Borner Weg.

Dort war er Rektor und sein guter Ruf eilt ihm bis heute hinterher. Die Schule war damals gerade gegründet worden und Werner Schneider war der erste, der sie leiten durfte. Dass sich dort bald endgültig die Türen schließen sollen, macht ihn traurig. Und das, obwohl er schon vor beinahe drei Jahrzehnte­n seinen Schreibtis­ch räumte, um sich in den Ruhestand zu verabschie­den. Aber Lehrer bleibt man wohl irgendwie immer. Und Schillers „Ring des Polykrates“gerät eben auch nicht in Vergessenh­eit, obwohl Deutsch nicht zu den Fächern gehörte, die Werner Schneider damals unterricht­ete. Mathematik, Physik, Chemie und Sport: Da wiederum konn- te man vieles bei ihm lernen. Über sich selbst sagt er noch heute: „Ich war gerne Pauker.“Mit seinen Schülern habe er nie Schwierigk­eiten gehabt. Darüber, dass heute gelegentli­ch über Tische und Bänke geturnt wird und der Lehrer keine Respektspe­rson mehr zu sein scheint, kann Werner Schneider nur den Kopf schütteln. „Früher kamen die Kinder erzogen zur Schule und als Lehrer hat man sie unterricht­et“, lässt er durchkling­en, dass es ihm nicht unbedingt gefällt, wohin sich die Dinge entwickelt haben.

Als er selbst in den Schuldiens­t eintrat, habe es noch die Prügelstra­fe gegeben. Auch darüber schüttelt er jedoch den Kopf. Niemals habe er seine Schüler oder auch seinen eigenen Sohn geschlagen. Stattdesse­n habe er Verlässlic­hkeit eingeforde­rt. Freundlich­e Konsequenz und Zuverlässi­gkeit seien wiederum Dinge gewesen, die man von ihm als Mensch, als Lehrer und als Schulleite­r habe erwarten dürfen. Hört man Werner Schneider zu, so kann man durchaus wehmütig werden in Anbetracht dessen, was die gesellscha­ftliche Entwicklun­g so mit sich gebracht hat. Überforder­te Eltern, gestresste Kinder, genervte Lehrer: All das scheint es damals so nicht gegeben zu haben. Stattdesse­n stand der Schulleite­r irgendwann sogar mal mit Toni Turek auf dem Fußballpla­tz. Und am Ende hatte er eine gerissene Achillesse­hne zu beklagen. Wer Toni Turek nicht kennt, dem sei gesagt: Der Mann glänzte bei der Fußball-WM 1954 beim Endspiel gegen die Ungarn im Tor und ließ Hörfunkmod­erator Herbert Zimmermann durchs Radio brüllen: „Turek, du bist ein Fußballgot­t.“Jahrzehnte später stand der Fußballer, der damals mit seiner Familie in Mettmann wohnte, als Trainer auf dem Sportplatz am Stadtwald, um eine Amateurman­nschaft gegen den WDR antreten zu lassen. „Ich stürzte mich beim Training ins Getümmel und hab mir den Fuß verdreht“, erinnert sich Werner Schneider. Gespielt wurde damals ohne ihn – heute kann er längst wieder darüber lachen.

Werner Schneider (88) kam 1950 aus Jena nach Mettmann. Von 1952 bis 1959 war er Lehrer an der Evangelisc­hen Schule II. Bis 1965 unterricht­ete er an der Gemeinscha­ftsschule Schulstraß­e, danach wechselte er als Gründungsr­ektor zur Hauptschul­e am Borner Weg.

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