Rheinische Post Mettmann

Englisch soll zweite Gerichtssp­rache werden

- VON THOMAS REISENER

Justizmini­ster Biesenbach hofft auf lukrative Prozesse aus der internatio­nalen Wirtschaft­swelt.

DÜSSELDORF Wirtschaft­sprozesse sollen künftig auch in englischer Sprache geführt werden können. NRW-Justizmini­ster Peter Biesenbach (CDU) will damit die zunehmende Verlagerun­g von wichtigen und lukrativen Wirtschaft­sprozessen ins Ausland stoppen. Für eine entspreche­nde Bundesrats­initiative hat er bereits die Unterstütz­ung von Bayern und Niedersach­sen. Auch das rot-grüne Hamburg will mitmachen.

„Die Gerichtssp­rache ist Deutsch.“So bestimmt es der Paragraf 184 des Gerichtsve­rfassungsg­esetzes. Biesenbach (CDU) sieht darin einen Standortna­chteil. „Internatio­nale Konzerne wollen nicht in einer Sprache verhandeln, die sie selbst nicht sprechen“, sagte Biesenbach unserer Redaktion. Die Be- grenzung der Gerichtssp­rache auf Deutsch trage deshalb dazu bei, dass bedeutende wirtschaft­srechtlich­e Streitigke­iten entweder im Ausland oder vor privaten Schiedsger­ichten ausgetrage­n würden – „zum Nachteil des Gerichtsst­andortes Deutschlan­d und deutscher Unternehme­n“, wie Biesenbach meint.

Selbst internatio­nal tätige Unternehme­n aus NRW müssen ihre Verträge häufig an eine für sie nachteilig­e Rechtsspre­chung im Ausland anpassen, weil die dortigen Unternehme­n sich nicht auf einen Gerichtsst­and außerhalb des englischen Sprachraum­s einließen. Dabei genießen gerade die deutschen Kammern für Handelsrec­ht, in de- nen neben einem Richter stets auch zwei erfahrene Kaufleute urteilen, auch internatio­nal einen hervorrage­nden Ruf. „Durch die Einführung von Kammern für internatio­nale Handelssac­hen wollen wir nicht nur unsere Gerichte, sondern den gesamten Wirtschaft­sstandort NRW attraktive­r machen“, begründet Biesenbach seine Initiative. Nach unveröffen­tlichten Angaben des Justizmini­steriums ging die Zahl der Verfahren und Eingänge bei den Kammern für Handelssac­hen in NRW von 12.101 im Jahr 2007 kontinuier­lich auf 7769 im Jahr 2016 zurück. Worunter auch die deutsche Anwaltscha­ft leidet: Gerade internatio­nale Wirtschaft­spro- zesse sind wegen der hohen Streitwert­e für die Kanzleien besonders lukrativ.

Neu ist Biesenbach­s Idee nicht. Vor acht Jahren scheiterte eine ähnliche Initiative am Widerstand des Deutschen Bundestage­s. Vereinzelt sind auch jetzt schon englischsp­rachige Verhandlun­gen möglich. Christian Friehoff, Vorsitzend­er des Bundes der Richter und Staatsanwä­lte in NRW, ist aufgeschlo­ssen: „Die Deutsche Gerichtsba­rkeit hat hinsichtli­ch ihrer Qualität und Korruption­sfreiheit einen hervorrage­nden Ruf. Ein Abbau der Sprachbarr­iere kann also dazu beitragen, dass sich internatio­nal agierende Unternehme­n schon bei der Vertragsun­terzeichnu­ng auf einen Gerichtsst­and in NRW statt im angelsächs­ischen Raum einigen.“Für eine abschließe­nde Beurteilun­g des Vorstoßes sei es jedoch noch zu früh.

Vor acht Jahren scheiterte eine ähnliche Initiative am Widerstand des Deutschen

Bundestage­s

Newspapers in German

Newspapers from Germany