ANALYSE Wer
angesichts massiver Zuwanderung Sorge um die deutsche Identität hat oder sich durch kriminelle Ausländer bedroht fühlt, gilt schnell als Rechtsaußen. Doch es gibt eine klare Trennlinie zwischen berechtigter Sorge und Rassismus.
Sigmar Gabriel es tut, wahrlich kein Rechter. „Ist der Wunsch nach sicherem Grund unter den Füßen, der sich hinter dem Begriff ,Heimat‘ verbirgt, etwas, was wir verstehen, oder sehen wir darin ein rückwärtsgewandtes und sogar reaktionäres Bild, dem wir nichts mehr abgewinnen können?“, fragt er rhetorisch in einem „Spiegel“-Essay. Und er ist in seiner Antwort klar: Vielleicht, so räsoniert er, ist die Sehnsucht nach einer „Leitkultur“angesichts einer weitaus vielfältigeren Zusammensetzung der Gesellschaft nicht nur ein konservatives Propagandainstrument, sondern Ausdruck eines Wunsches der Bürger nach Orientierung in einer offenbar immer unverbindlicheren Welt der Postmoderne. Das klingt doch ganz anders als die inzwischen zurückgenommene Bemerkung der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD): „Eine spezifisch deutsche Kultur ist, jenseits der Sprache, schlicht nicht zu identifizieren.“
Um diese Kultur freilich sorgt sich der neue Hoffnungsträger der Union, Jens Spahn, ohne gleich ins AfD-Lager abzudriften: „Nicht alles, was kulturell anders ist, ist per se bereichernd. Ich kann ein rückständiges Frauenbild, Zwangsheirat oder Ehrenmord nicht als bereichernd empfinden“, meint das CDUPräsidiumsmitglied. Er setzt sich von einem konservativen, teils reaktionären Islam ab. „Er wird in zu vielen Moscheen in Deutschland jeden Freitag gepredigt“, kritisiert Spahn. Und die Zahlen des NRW-Innenministeriums erhärten das: Der Verfassungsschutz beobachtet 73 Moscheen und Gebetsvereine der insgesamt 850 NRW-Moscheen wegen salafistischer Umtriebe. Der Salafismus sieht eine fundamentalistische Auslegung des Korans als alleinige Lebens- und Rechtsgrundlage an, die im Widerspruch zur freiheitlichen Demokratie in Deutschland steht.
Spahn sagt auch: „Religionskritik war früher eher etwas Linkes. Heute gilt man als rechts, wenn man den Islam kritisiert. Wenn Grüne und Linke so kritisch mit dem Islam umgehen wie mit der katholischen Kirche, wäre ich schon zufrieden.“