Rheinische Post Mettmann

In kleinen Schritten zur neuen Heimat

- VON DIRK NEUBAUER

Deutsch lernen, Arbeit und Wohnung finden – das sind für 150 neue Wülfrather die nächsten Integratio­ns-Schritte.

WÜLFRATH Integratio­n ist ein Prozess der vielen, kleinen Schritte. Da machen auch die 150 Asylbewerb­er in der Kalkstadt keine Ausnahme. Untergekom­men sind sie alle. Viele haben schon eine Anerkennun­g. Nun müssten sie die deutsche Sprache lernen, mindestens bis zu einem festgelegt­en Level, das „B2“genannt wird, eine Arbeit aufnehmen und eine Wohnung finden. In der Praxis stellt sich heraus, dass diese schneidige Abfolge für jeden Neu-

„Auf dem Weg zu einer

Integratio­n müssen viele Herausford­erungen gemeistert werden“

Mike Flohr

Leiter des Sozialamte­s

Wülfrather unterschie­dlich rasch ablaufen wird. Im Gespräch mit der RP sagt der Leiter des Sozialamte­s, Mike Flohr: „Auf dem Weg zu einer Integratio­n müssen viele Herausford­erungen gemeistert werden.“

Wäre Flohr mit seinen drei Mitarbeite­rn auf 2,5 städtische­n Stellen allein mit dieser Aufgabe – es wäre nicht zu schaffen. „Gott sei Dank unterstütz­en uns viele, viele Ehrenamtle­r“, sagt Flohr mit einem großen Dankeschön. Sprachtrai­ner, Betreuer, Tafel-Mitarbeite­r, Gemeindemi­tglieder, Menschen aus Wohlfahrts­organisati­onen; tatsächlic­h ist die Liste der freiwillig­en Helfer und Engagierte­n noch viel länger.

Thema: Sprache. Der Leiter der Agentur für Arbeit Mettmann, Marcus Kowalczyk, hat darauf hingewiese­n, dass Sprachkenn­tnisse die absolute Grundvorau­ssetzung sind, um Menschen in den leer gefegten Arbeitsmar­kt zu vermitteln. Die Arbeitsage­ntur hilft, wenn auf die bisher vermittelt­en Deutschken­ntnisse gezielt verbessert werden müssen. Bei der Anerkennun­g von Ausbildung und bisherigen Tätigkeite­n versuchen Jobvermitt­ler und Wirtschaft, flexibel zu sein. Müssen sie auch, denn belastbare Nachweise gibt es häufig nicht. Berufsbild­er in der weiten Welt passen nicht zu deutschen Mindeststa­ndards. Kowalczyk sagte im Jahresgesp­räch: „Meist hilft es, wenn jemand irgendwo zur Probe arbeitet.“Aber auch dafür müsse der Betreffend­e die Sprache so weit beherrsche­n, dass Anweisunge­n und Sicherheit­sregeln verstanden werden. Engpass: Wohnen. Auch für anerkannte Flüchtling­e gilt eine Wohnsitzau­flage. Sie müssen in Wülfrath bleiben. Es sei denn, sie finden anderswo eine Arbeitsste­lle. Problem alleror- ten aber ist der bezahlbare Wohnraum. Sozialamts­chef Flohr hat derzeit 25 Unterkünft­e im Bestand. Das sind zum Teil Wohnungen plus vier größere Unterkunft­seinheiten. Im Unterschie­d zu deutschen HartzIV-Empfängern müssen Flüchtling­e oftmals mit einem Fünftel der Privatsphä­re auskommen. Anders geht es nicht. An dieser Stelle wirkt die Berliner Hängeparti­e bei der Regierungs­bildung bis hinein nach Wülfrath. Weil Sozialamts­leiter Flohr noch nicht weiß, wie der Familienna­chzug geregelt wird, mag er sich vorerst nicht von der geschlosse­nen Unterkunft In den Eschen trennen. Möglicherw­eise müsse die noch reaktivier­t werden, sagt er und rechnet vor: Falls 200.000 Familienmi­tglieder nachkommen, bedeutet das über den Verteilung­sschlüssel ein Plus von rund 50 Personen für Wülfrath, eventuell innerhalb kurzer Zeit. Flohr: „Dafür müssen wir vorbereite­t sein.“

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JANICKi RP-ARCHIVFOTO: D. Vorzeigeob­jekt an der Fortunastr­aße: Dort hat die GWG gebaut und im Oktober 2016 Wohnungen für Flüchtling­e an die Stadt übergeben.

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