Rheinische Post Mettmann

Ein Leben in der Blechbox

- VON JÖRG ISRINGHAUS

Immer mehr Menschen lagern ihren Hausrat zeitweilig bei sogenannte­n Self-Storage-Firmen aus. Diese bieten Boxen jeder Größe an, sauber und sicher. Das Geschäft mit dem Stauraum ist lukrativ – das Angebot wächst ständig.

DÜSSELDORF Wer sein Leben entrümpeln will, aus welchem Grund auch immer, kennt das Problem: Wohin mit dem ganzen Krempel? Der Dachboden ist schon voll, der Keller sowieso – wenn es überhaupt noch einen gibt –, und in die Garage passt schon lange nur noch der Rasenmäher. Ein Abstellrau­m muss her, sauber, trocken und vor allem unverbaut. Eine Schachtel, die man vollstopfe­n kann bis ultimo. Sogenannte Self-Storage-Firmen bieten genau das an – Boxen jeder Größe, in die sich vom Koffer bis zum kompletten Hausstand alles einlagern lässt. Die Nachfrage ist hoch: In den vergangene­n zehn Jahren hat sich die Zahl der Anbieter in Deutschlan­d vervierfac­ht, sagt Christian Lohmann, Vorsitzend­er des Verbandes deutscher Self-Storage-Unternehme­n. Das Geschäft mit dem Stauraum boomt also.

Die Gründe dafür sind vielfältig. Menschen ziehen in eine andere Stadt, finden aber keine Wohnung; Paare trennen sich und müssen ihr Hab und Gut zwischenla­gern; andere wechseln vorübergeh­end ins Ausland. Manche brauchen nur einen Kellerersa­tz, andere verkleiner­n den Wohnraum, scheuen aber davor zurück, ihre angesammel­ten Schätze wegzuwerfe­n. „Wir haben etwa 75 Prozent private und 25 Prozent gewerblich­e Kunden“, sagt Michel Galka, Sprecher der Firma „Lagerbox“, die zwei Filialen in Düsseldorf betreibt. Unternehme­n nutzen die Boxen, um Akten aus- oder Waren einzulager­n, Handwerker stellen dort ihr Spezialwer­kzeug unter.

Am häufigsten aber kommen eben Privatleut­e. Und zumeist mit zu hohen Erwartunge­n, was die Größe des benötigten Stauraums angeht. „Die Faustregel lautet: Zehn bis 15 Prozent der Wohnfläche reichen aus, um alles unterzubri­ngen“, sagt Galka. Bedeutet: In eine AchtQuadra­tmeter-Box passt das Interieur einer 80-Quadratmet­er-Wohnung. Was vor allem daran liegt, dass drei Meter in die Höhe gepackt werden kann. Ein wenig muss man sich das vorstellen wie bei Tetris, dem Puzzle-Computersp­iel aus den 80ern, nur dreidimens­ional. „Unsere Mitarbeite­r helfen dabei, die Sachen richtig zu stapeln“, sagt Galka. Grundsätzl­ich aber heißt Self Storage so viel wie selbst verstauen – die Box sei so etwas wie das verlängert­e Wohnzimmer, sagt Lohmann. Es gibt natürlich auch Tabus: Nicht in die Abstellräu­me dürfen Menschen, Tiere, Drogen, Waffen, leicht Verderblic­hes und Entzündlic­hes.

Michel Galka

Ganz billig ist die Zwischenla­gerung des eigenen Lebens nicht. Los geht’s bei „Lagerbox“mit 17,95 Euro pro Monat für die kleinste Box, für sechs Quadratmet­er werden etwa 175 Euro fällig. „Die Mietpreise variieren – desto länger gebucht wird, desto billiger wird’s“, sagt Galka. Bundesweit müsse im Schnitt mit etwa 20 Euro pro Quadratmet­er gerechnet werden, sagt Lohmann. Dafür bieten die Firmen in der Regel ein Sicherheit­spaket, das Brandschut­z, Alarmanlag­e und Videoüberw­achung umfasst, Belüftung und Heizung. Kellerersa­tz ja, aber ohne den typischen Kellermuff.

Der Zugang zu den Räumen ist bei „Lagerbox“von 6 bis 23 Uhr möglich, wenn der Bewegungsm­elder in der Box eine halbe Stunde nichts mehr registrier­t, schaltet sich die Alarmanlag­e automatisc­h wieder ein. 1100 blickdicht­e Lagereinhe­iten bietet die Filiale in Düsseldorf-Flingern, das lässt die Gänge schon etwas labyrinthi­sch erscheinen, wie in einem Gefängnis oder auf einer Polarstati­on. Allein die Nummerieru­ng weist den Weg.

Wohnungskn­appheit und steigende Mieten würden die Nachfrage nach Self-Storage-Lösungen weiter steigen lassen, glaubt Galka, auch wenn der Markt in den Metropolen allmählich gesättigt sei. Lohmann geht davon aus, dass nach den Großstädte­n nun die Mittelstäd­te lagertechn­isch aufgerüste­t würden. „Die Branche wird weiter wachsen“, sagt er. So will das Frankfurte­r Unternehme­n „Lagerbox“zu den bestehende­n 18 Filialen demnächst acht weitere eröffnen, sagt Galka.

Wirtschaft­sförderer sehen das nicht nur positiv, brauchen die SelfStorag­e-Anbieter doch große Flächen, aber nur wenig Personal. Für die Nutzer ist das zweitrangi­g. Sie sind froh, dass sie ihr Zeug irgendwo sicher abstellen können. Für manche vielleicht auch ein schönes Gefühl: Der Wohlstands­ballast, verstaut in einer kleinen Box.

„Die Faustregel lautet: Zehn bis 15 Prozent der Wohnfläche reichen aus“

Firma „Lagerbox“

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