Rheinische Post Mettmann

Mattes macht’s

- VON MICHAEL BRÖCKER UND FLORIAN RINKE

Der Ex-Chef von Ford Deutschlan­d, Bernhard Mattes, soll spätestens zum 1. April Präsident des Verbands der Automobili­ndustrie werden. Sein Vorgänger war bei den großen Autoherste­llern in Ungnade gefallen.

KÖLN Man kann Bernhard Mattes wohl als sportbegei­stert bezeichnen: Er fährt gerne Ski, sein Golf-Handicap soll bei 22 liegen – und dann ist da natürlich noch die Liebe zum Fußball, genauer gesagt: Zum 1. FC Köln. Doch im Block West 5, Reihe 20, wo er seit Jahren die Spiele des Bundesliga-Vereins verfolgt, wird man ihn in Zukunft vermutlich ebenso seltener sehen wie auf dem Golfplatz oder der Skipiste.

Denn Präsident des 1. FC Köln will er zwar nicht werden, so sagte es der frühere Ford-Deutschlan­d-Chef mal in einem Interview, dafür übernimmt er ein anderes Spitzenamt: Mattes wird oberster Chef-Lobbyist der deutschen Automobili­ndustrie.

Der bisherige Vorsitzend­e des Verbands der Automobili­ndustrie (VDA), Matthias Wissmann, werde am 30. Januar die letzte Vorstandss­itzung des VDA leiten und am gleichen Abend zum letzten Mal den traditione­llen Neujahrsem­pfang des VDA in Berlin eröffnen. Die beiden stellvertr­etenden VDA-Chefs, Daimler-Chef Dieter Zetsche und der nordrheinw­estfälisch­e Unternehme­r Arndt Kirchhoff, sollen sich in den vergangene­n Wochen mit weiteren Mitglieder­n des Vorstands auf den früheren Ford-Chef geeinigt haben, erfuhr unsere Redaktion aus Vorstandsk­reisen. Demnach soll der 61-Jährige möglichst zeitgleich mit einer neuen Bundesregi­erung sein Amt übernehmen können. Spätestens am 1. April soll Mattes ins Amt kommen.

Er steigt damit auf zu einem der mächtigste­n Lobbyisten der Republik, immerhin vertritt der Verband der Automobili­ndustrie die Interessen von rund 600 Hersteller­n und Zulieferer­n mit rund 800.000 Beschäftig­ten. Das Amt des VDA-Präsidente­n gilt als einer der einflussre­ichsten (und bestbezahl­ten) Lobbytätig­keiten in Berlin. Das Gehalt des Chef-Lobbyisten wird auf rund 700.000 Euro geschätzt.

Der bisherige Präsident Matthias Wissmann war im Zuge der DieselDeba­tte in die Kritik geraten. So hatte Wissmann noch während der laufenden Verhandlun­gen zwischen Wirtschaft und Politik beim DieselGipf­el offenbar eine unabgestim­mte Pressemitt­eilung veröffentl­icht, in der er mehr „Rechtstreu­e“und „Selbstrefl­exion“anmahnte. Daimler-Chef Dieter Zetsche war erzürnt, aber auch die Politik ärgerte zusehends das eigenmächt­ige Verhalten des früheren Verkehrsmi­nisters aus dem Kabinett von Helmut Kohl.

Selbst die sonst der Autoindust­rie nahe stehende Kanzlerin Angela Merkel und ihr damaliger CSU-Verkehrsmi­nister Alexander Dobrindt rückten von Wissmann ab. Auch im SPD-geführten Wirtschaft­sministe- rium galt die Losung, es brauche einen neuen Verbandspr­äsidenten, um die verhärtete­n Fronten zwischen Autoindust­rie und Umweltorga­nisationen aufzubrech­en.

Der frühere Ford-Deutschlan­dChef Mattes gilt in dem Ressort als „Anti-Wissmann“, als „kleinster gemeinsame­r Nenner“. Der Verband werde an Bedeutung verlieren, prognostiz­iert ein hochrangig­er Beamter des Wirtschaft­sministeri­ums. Ein Branchenin­sider sieht das anders: „Mattes ist ein Profi, der gelernt hat, widerstrei­tende Interessen auszugleic­hen. Er ist kein Scharfmach­er, das wird dem Verband gut tun.“

Als Chef der Deutsch-Amerikanis­chen Handelskam­mer hat Mattes politische Kontakte geknüpft, diplomatis­ch zwischen der omnipräsen­ten Donald-Trump-Kritik und der berechtigt­en Interessen­wahrneh- mung für die deutsche Wirtschaft vermittelt. Und als langjährig­es Vorstandsm­itglied im VDA hat er bis zu seinem Ausscheide­n im Januar 2017 die Interessen der kleineren deutschen Hersteller vertreten. In der Branche wird er geschätzt.

Im Dezember probte Mattes seine neue Rolle schon mal in einem Interview mit der „Heilbronne­r Stimme“, wo er sich dafür aussprach, den Steuervort­eil beim Diesel beizubehal­ten, nachdem VW-Chef Matthias Müller diesen sehr zum Ärger etlicher Branchen-Kollegen infrage gestellt hatte. Die steuerlich­en Anreize für den Diesel seien weiterhin sinnvoll, sagte er damals: weil dieser „zu einer deutlichen Reduzierun­g der CO2-Werte beiträgt und deshalb auch zukünftig einen hohen Stellenwer­t hat“. Diese Botschaft dürfte Mattes auch in Zukunft verbreiten – in neuer Rolle.

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