Rheinische Post Mettmann

Waschen, schneiden, scannen

- VON FLORIAN RINKE

Die Möglichkei­ten der Digitalisi­erung werden auch von immer mehr Kosmetikko­nzernen genutzt, egal ob bei Schminke, Shampoo oder Zahnpasta. Henkel präsentier­t nun bei der Technikmes­se CES den ersten digitalen Friseursal­on.

DÜSSELDORF Früher hantierten Friseure mit Schere und Föhn, in Zukunft kommen auch Scanner und Tablet zum Einsatz – zumindest, wenn es nach dem Düsseldorf­er Konzern Henkel geht. Der präsentier­t nämlich bei der Technikmes­se CES in Las Vegas erstmals sein „Salon Lab“seiner Haarpflege-Tochtermar­ke Schwarzkop­f, den digitalen Friseursal­on der Zukunft.

Wer dachte, beim Haare schneiden ginge es nur um Handwerk und nicht um Wissenscha­ft, den belehrt man bei Henkel schnell eines besseren. Da ist dann von innerer Haarstrukt­ur die Rede, vom Winkel des Lichteinfa­lls, der das Ermitteln der exakten Haarfarbe erschwert, und individuel­len Formeln für personalis­ierte Haarpflege­produkte – und natürlich vom „Salon Lab“, das für all diese Punkte die perfekte Lösung bringen soll.

„Jeder soll künftig sein personalis­iertes Sham

poo kaufen können“

Nils Daecke

Leiter Digitales Marketing bei

Henkel Beauty Care

Das Konzept, das bei der CES vorgestell­t wird, besteht aus drei Teilen: Einer Art Scanner, mit dem Friseure das Haar ihrer Kunden analysiere­n können. Mit Lichtsenso­ren und Infrarot werden dabei an drei Stellen des Haares unter anderem die innere Haarstrukt­ur, die Feuchtigke­it und die exakte Farbe gemessen.

Im zweiten Schritt werden diese Daten dann analysiert, damit der Friseur den Kunden per Tablet beraten kann. Über die Kamera kann sich der Kunde beispielsw­eise auf dem Bildschirm sehen, wo mithilfe von Augmented Reality simuliert wird, wie der Kunde mit neuer Haarfarbe aussehen würde.

Im dritten Schritt gibt es dann eine Art 1,10-Meter hohen Shampoo-Mixer, bei dem die Kunden sich ihr persönlich­es Haarpflege­mittel aus verschiede­nen Düften und Inhaltssto­ffen zusammenst­ellen lassen können.

„Wir wollen das Produkt noch in diesem Jahr auf den Markt bringen“, sagt Nils Daecke, Leiter des digitalen Marketings im Bereich Beauty Care bei Henkel, wenige Stunden, bevor er nach Las Vegas aufbricht im Gespräch. Die Düsseldorf­er haben dort für ihre CES-Premiere in einem Hotel eine Suite angemietet und zum Friseursal­on umfunktion­iert. „Der Bereich Beauty-Tech ist dort noch eher neu, aber stark wachsend. Deswegen wollen wir natürlich so früh wie möglich dabei sein“, sagt Daecke. Denn die Möglichkei­ten sind natürlich gewaltig.

Es geht um einen Milliarden­Markt. Allein jeder Deutsche gab 2015 knapp 411 Euro pro Jahr laut Zahlen des Handelsver­band Deutschlan­d für die Körperpfle­ge aus. Durch die Digitalisi­erung, so die Hoffnung in vielen Beauty-Konzernen, könnte man in Zukunft nicht nur am Verkauf von Shampoo, Zahnpasta, Schminke und Co. verdienen – sondern auch noch mit weiteren Services.

Bei der Drogerieke­tte dm lassen sich schon jetzt Körperpfle­geprodukte wie Duschgels und Cremes mit personalis­ierten Etiketten versehen – natürlich gegen Aufpreis. Und bei Henkel heißt es, jeder solle in Zukunft sein personalis­iertes Shampoo kaufen können. „Im ersten Schritt können die Kunden ihr Shampoo beim Frisör personalis­ieren lassen. Grundsätzl­ich denken wir auch über mögliche Modelle nach, bei denen sie es im Internet nachbestel­len können“, sagt Daecke.

Dadurch ergäben sich auch neue Einnahmemö­glichkeite­n für die zuletzt im Vergleich zu den anderen beiden Henkel-Sparten Klebstoffe und Waschmitte­l nur langsam wachsende Beauty-Care-Sparte.

Welche Möglichkei­ten der Bereich „Beauty-Tech“bietet, konnte man bereits im vergangene­n Jahr bei der CES erleben. Dort diskutiert­e eine Vertreteri­n des Elektronik­hersteller­s Philips (Oral B) unter anderem darüber, wie Technologi­e die Zahnpflege verändern kann. Statt die Zähne beim Zahnarzt teuer aufhellen zu lassen, könnten digitale Helfer diesen Prozess in Zukunft auch in den eigenen vier Wänden begleiten. Und eine Vertreteri­n des Kosmetikko­nzerns L’Oreal erklärte, wie Augmented Reality, die jetzt auch bei Henkel zum Einsatz kommt, beim Schminken helfen kann. Diesmal wiederum will der Konsumgüte­rkonzern Johnson & Johnson Produkte präsentier­en, die die Hautpflege-Industrie revolution­ieren sollen.

Die Branche ist im Umbruch – und das liegt auch an den Kunden. Denn viele sind extrem digital-affin, speziell jüngere Mädchen holen sich bei Videoporta­len wie Youtube oder in sozialen Netzwerken wie Instagram Styling- und Schminktip­ps. Darauf müssen auch die Hersteller reagieren – bei der Ausrichtun­g ihrer Werbeaktiv­itäten, aber auch bei ihren Angeboten.

Die Chefin des Düsseldorf­er Parfümerie-Konzerns Douglas, Tina Müller, sagte zuletzt: „Bei der Digitalisi­erung im Beauty-Bereich gibt es noch viel Potenzial.“Auch Douglas setzt daher auf digitale Hilfsmitte­l. In einer Filiale können Kunden ähnlich wie bei Henkels Friseur-App beispielsw­eise anhand eines Digitalfot­os sehen, wie sie mit Make-up aussehen würden.

Henkel-Mann Daecke betont, dass man den Friseur nicht bevormunde­n wolle. „Wir wollen sie vielmehr unterstütz­en.“Noch in diesem Jahr will das Unternehme­n die ersten Friseursal­ons mit der neuen Technik ausrüsten. Eine große Umstellung, betont man bei Henkel, sei das für die Salons nicht: „Ein Friseur muss auch künftig kein IT-Experte sein. Unser Salon Lab ist ein zusätzlich­es, leicht zu bedienende­s Werkzeug für ihn – quasi wie ein Glätteisen, nur mit Internetan­schluss.“

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