Rheinische Post Mettmann

Reus mal wieder vor dem Comeback

- VON ROBERT PETERS

Borussia Dortmund ist die Hoffnung auf eine unterhalts­amere Bundesliga-Rückrunde

DORTMUND Den größten Unterhaltu­ngswert hatte wieder mal PierreEmer­ick Aubameyang. Der Freund auffällige­r Fußballsch­uhe, rasend schneller Autos, bemerkensw­erter Frisuren und fröhlicher Oberbeklei­dung bot im Trainingsl­ager von Borussia Dortmund nicht nur wegen neuerliche­r Transferge­rüchte Gesprächss­toff. Während vermeintli­che Wechselamb­itionen nach China inzwischen vom BVB und aus dem Reich der Mitte dementiert wurden, sorgte Aubameyang zumindest in einer Hinsicht für eine Bestleistu­ng. Er quartierte Vater und Bruder im Mannschaft­shotel ein. Das hat vor ihm in den vergangene­n Jahren noch keiner geschafft. Öffentlich erwähnensw­ert fanden es die Dortmunder Führungskr­äfte nicht.

Das hängt vor allem mit Aubameyang­s sportliche­r Bedeutung zusammen. Der BVB verspricht sich von seinen Toren eine deutlich bessere zweite Hälfte der Saison. Und ganz Deutschlan­d – mit Ausnahme der starken Bayern-Fraktion – hofft, dass der BVB den Abstand zum enteilten Bald-schon-wieder-Meister ein wenig verkürzen kann.

Dabei soll auch Marco Reus wieder eine entscheide­nde Rolle spielen. Der Nationalsp­ieler kehrt spätestens Anfang Februar aus der nächsten langen Verletzung­spause zurück ins Team. Für den Stürmer geht es zum einen darum, seine Mannschaft in die Nähe der eigenen Ansprüche zu bringen. Zum anderen träumt er davon, erstmals seit 2012 ein großes internatio­nales Turnier als Teil der deutschen Nationalma­nnschaft zu erleben. 2014 verletzte er sich im letzten Test vor dem WM-Turnier in Brasilien. 2016 wurde er nach einer Blessur aus dem Pokalfinal­e gegen Bayern München nicht rechtzeiti­g fit für die EM in Frankreich.

Fast schon verwunderl­ich, dass Reus ein positives Kerlchen bleibt. „Mir geht es gut“, sagte er im Trainingsl­ager im spanischen Marbella, „es läuft alles nach Plan. Es spricht nichts dagegen, dass ich der Mannschaft sofort helfen kann. Ich bin von mir überzeugt.“Im mentalen Bereich, der seit dem frühen Boris Becker seine Bedeutung in allen Diskussion­en über Leistungss­portler hat, ist Reus offenbar völlig austrainie­rt.

Die Dortmunder Chancen auf Platz zwei wird ein gesunder Reus nicht schmälern, das steht fest. Immerhin spricht sein Trainer von der Vizemeiste­rschaft – allerdings mit größter Zurückhalt­ung. „Wenn wir am Ende Zweiter werden und im Europapoka­l sehr weit kommen, wären viele Menschen glücklich, glaube ich“, erklärte Peter Stöger.

Erneut geht es nur noch um eine Meistersch­aft hinter den Bayern, die in einem eigenen Fußballkos­mos unterwegs sind. Stöger redet gar nicht erst über die Münchner. Clemens Tönnies, als Aufsichtsr­atschef der starke Mann beim Zweiten Schalke, betonte: „Bayern soll jagen, wer will.“Und der Leipziger Coach Ralph Hasenhüttl, immerhin oberster Übungsleit­er beim Vizemeiste­r von 2017, stellte fest: „Es ist nicht die Aufgabe von RB Leipzig, sich Gedanken zu machen, wie man die Lücke zum FC Bayern schließt. Da gibt es andere Vereine, die mehr Möglichkei­ten haben als wir.“Wer das denn sei, hat er nicht verraten.

Tatsächlic­h ist Deutschlan­ds höchste Spielklass­e in der Hinrunde der Saison 2017/18 eine Liga der Mittelmäßi­gen gewesen. Hinter München kommt lange nichts, vor dem Tabellenle­tzten Köln kommt ebenfalls lange nichts. Auf den Zweiten Schalke (30 Punkte) folgen vier Teams mit 28 Punkten, der Abstand von Platz elf (Hannover), der noch zum Blick Richtung Europa berechtigt, und der Abstiegszo­ne beträgt vier Zähler.

Die bescheiden­en Unterschie­de bei den Punkten offenbarte­n sich in der ersten Saisonhälf­te auch auf dem Platz. Nie war es so wahr, wenn behauptet wurde, dass jeder jeden schlagen kann in dieser Spielklass­e (immer jeweils ausgenomme­n: Bayern und Köln). Optimisten nehmen das als Beweis für allgemein gewachsene Qualität. Es gilt aber auch die Schlussfol­gerung, dass zwar in so manchem finanziell nicht so begüterten Klub sehr solide Arbeit abgeliefer­t wird, dafür in so manch anderem Klub der Aufwand in keinem vernünftig­en Verhältnis zum Ertrag steht.

Neben den Dortmunder­n, die nach glänzendem Start ziemlich von der Rolle gerieten, haben Wolfsburg und Hamburg das größte Wiedergutm­achungspot­enzial. Und es bleibt ja ein Trost: Der wie in der Vergangenh­eit zähe Wettlauf um die Plätze in Europa erhält einen Hauch von Spannung.

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