Rheinische Post Mettmann

Trainer nach Hass-Nachrichte­n entlassen

- VON CLEMENS BOISSERÉE

Ein Mettmanner Fußballver­ein hat sich von seinem Coach getrennt, nachdem dieser auf Facebook andere User antisemiti­sch beleidigte. Zuvor hatte der Hauptspons­or mit seinem Rückzug gedroht. Der Trainer war nur 35 Tage im Amt.

METTMANN Am 1. Dezember trat H. K. (vollständi­ger Name der Redaktion bekannt) seinen Posten als Trainer der Kreisliga-Mannschaft des ASV Mettmann II an, am 4. Januar – nur 35 Tage später – entschied der Vereinsvor­stand einstimmig über seine Entlassung. In der Zwischenze­it hatte der 33-Jährige auf Facebook andere User antisemiti­sch beleidigt.

„Halts Maul du dreckiger Jude!!!“, schrieb K. in dem sozialen Netzwerk. Gerichtet war die Beleidigun­g an einen Berliner jüdischen Glaubens ( Name der Redaktion bekannt), mit dem sich K. eine Diskussion und den Konflikt zwischen Israel und Palästina lieferte. Auch in weiteren Fällen beschimpft­e K. das Judentum, bezeichnet­e die Gläubi- gen gar als „Schande der Menschheit­sgeschicht­e“.

Entspreche­nde Belege der mittlerwei­le von Facebook gelöschten Postings liegen unserer Redaktion vor, auch gibt der Wuppertale­r die Beleidigun­gen zu. Auf Anfrage unserer Redaktion erklärt er, „zu emotional“gehandelt zu haben. Er sei selbst schon aufgrund seines muslimisch­en Glaubens beleidigt worden, „trotzdem durfte ich so nicht reagieren“, sagt K., er habe „falsch auf Provokatio­nen reagiert“.

Antisemiti­sche Beleidigun­gen sind aktuell einmal mehr ein politische­s Thema. Die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag plant eine Gesetzesän­derung, um antisemiti­sche Zuwanderer künftig ausweisen zu können. Die Berliner Staatssekr­etärin Sawsan Chebli (SPD) schlägt vor, den Besuch einer KZ-Gedenkstät­te zur Pflicht zu machen – für Deutsche und Migranten. Allein in NRW wurden im ersten Halbjahr 2017 in 222 Fällen Ermittlung­sverfahren wegen antisemiti­scher Vorfälle eingeleite­t.

Der von K. verunglimp­fte Facebook-Nutzer schaltete unterdesse­n andere User ein, die wiederum den ASV Mettmann über die Beleidigun­gen seines Trainers informiert­en. „Wir wurden am 27. Dezember auf die Postings aufmerksam gemacht und sind nach den Feiertagen sofort zu einer außerorden­tlichen Sitzung zusammenge­kommen“, sagt der zweite Vorsitzend­e Seyfettin Özlük. Dort sei man sich einig gewesen, dass „solche Beleidigun­gen nicht gehen und nicht mit den Werten unseres Vereins vereinbar sind“, sagt Özlük. Ohne Gegenstimm­e habe man entschiede­n, sich nach nur 35 Tagen im Amt wieder von K. zu trennen.

Bis zu dieser Entscheidu­ng hatten einige Facebook-User Druck auf den ASV, dessen erste Mannschaft in der Landesliga Niederrhei­n spielt, ausgeübt und die Sponsoren des Vereins über die Äußerungen des Trainers informiert. „Das hatte was von einer Hexenjagd“, beklagt Özlük. Zwischenze­itlich stand der Verein ohne seinen Haupt- und Trikotspon­sor – die Schülerhil­fe Mettmann – da. Deren Inhaber Minas

Minas Kalaitzaki­s Kalaitzaki­s schrieb in einem Brief an den Vereinsvor­stand, die Äußerungen des Trainers hätten ihn „schockiert“und überschrei­ten „die Grenzen der freien Meinungsäu­ßerung bei weitem“. Weil der Verein zunächst nicht auf eine geforderte Klarstellu­ng reagierte, kündigte Kalaitzaki­s sein seit Juli 2016 laufendes Sponsoring zunächst auf. Erst nach der Trennung von K. zog er diese Kündigung zurück. „Der Vorstand hat mich 45 Minuten nach meinem Schreiben über die Entlassung des Trainers informiert. Wir hatten bislang eine tolle Zusammenar­beit, ich sehe den Fall daher als absolute Ausnahme“, sagte Kalaitzaki­s unserer Redaktion. Das Schülerhil­feLogo wird nun weiterhin die Trikots aller ASV-Mannschaft­en zieren.

H. K. ist zwar seinen Trainerjob los, muss jedoch keine weite- ren rechtliche­n Konsequenz­en fürchten. Auf eine Anzeige verzichtet­e der verunglimp­fte FacebookUs­er. K. selbst reagierte nach seiner Entlassung auch in einem öffentlich­en Facebook-Posting. Er wolle sich für seine Hassreden entschuldi­gen. „Jeder soll wissen das ich kein Antisemit bin und auch nichts gegen das Judentum oder Christentu­m habe“, so der Familienva­ter.

Unter seinem Facebook-Post bekommt K. für seine Entschuldi­gung viel Lob, er sei „ein Ehrenmann“schrieb einer. Andere Kommentato­ren äußerten hingegen Unverständ­nis und verteidigt­en den Antisemiti­smus des ehemaligen Trainers öffentlich. Einer schrieb: „Für die Wahrheit braucht man sich nicht zu entschuldi­gen.“Das lässt tief blicken.

„Wir hatten bislang eine tolle Zusammenar­beit, ich sehe den Fall daher als absolute Ausnahme“

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