Rheinische Post Mettmann

Sternsinge­r, wo seid ihr gewesen?

- VON MARTIN KESSLER

Es ist nicht ganz leicht, einen Termin mit den Heiligen Drei Königen von der Kirche zu bekommen.

KÖLN Die Winterzeit hat im kirchliche­n Kalender immer ihren ganz eigenen Reiz. Wenn es draußen früh dunkel wird, präsentier­en die Kirchen – und besonders die katholisch­e – seit alters her ihre Lichtblick­e. Es beginnt mit dem Martinsfes­t am 11. November, dann folgen der Advent und der Nikolausta­g, bevor der Heiligaben­d endgültig unsere Gemütslage in Beschlag nimmt. Den Abschluss bildet das Dreikönigs­fest, als Fest der Erscheinun­g immerhin einer der höchsten Feiertage der Christenhe­it.

Dazu passt der Brauch der Sternsinge­r, die einst ungefragt an jeder Tür klingelten, ihre Lieder sangen („Wir kommen daher aus dem Morgenland . . .“) und um Spenden für die Mission baten. In unserer säkularisi­erten Welt kommen sie leider nur noch auf Bestellung – auch in der katholisch­sten Metropole Deutschlan­ds, in Köln. So auch für meine Familie. Da ich zwischen Weihnachte­n und Neujahr arbeiten musste, versuchte ich, die Sternsinge­r telefonisc­h zu bestellen. Eine nette Aufforderu­ng dazu steht auf der Webseite meines Kölner Seelsorgeb­ereichs: „Wir kommen gerne. Rufen Sie uns einfach an.“Das tue ich und erreiche eine freundlich­e Bürokraft. Leider ist die Dame innerhalb des Seelsorgeb­ereichs für die Nachbargem­einde zuständig. „Nein, Ihre Bestellung kann ich leider nicht entgegenne­hmen. Sie müssen schon in ihre eigene Kirche gehen. Dort liegen die Listen aus, in die Sie sich eintragen können.“Die Kirche sei übrigens werktags von 15.30 bis 17.30 Uhr eigens dafür ge- öffnet (früher standen die Gotteshäus­er Betern und Besuchern durchgängi­g offen).

Der kurze Spaziergan­g von 15 Minuten tut Geist und Seele gut. Ich betrete also die Kirche, ein neoromanis­cher Prachtbau, allerdings völlig verdunkelt. Ich entdecke zwar die Listen, kann sie aber nicht lesen, bis ein freundlich­es Gemeindemi­tglied, das Krippenwac­he in der Kirche hält, mir Licht macht. Die Samstagsli­ste ist schnell gefunden, ich trage mich mit Telefonnum­mer ein, hier hätten wir den ganzen Tag Zeit. Fünf Tage später erhalte ich dann den Anruf, dass die Sternsinge­r leider nicht am Samstag in unsere Straße kommen könnten. „Die Gruppe ist dann in ganz anderen Straßenzüg­en“, sagt wiederum eine freundlich­e Stimme. Nur am Freitagnac­hmittag gebe es noch ein Zeitfenste­r. „Da muss ich leider arbeiten“, antworte ich. „Dann können wir nichts machen. Das nächste Jahr müssen wir das anders organisier­en. Aber Sie können ja in den Gottesdien­st mit allen Sternsinge­rn am Sonntag kommen.“

Aus der Segnung meines Hauses wurde also nichts. Dafür besuchte ich den Gottesdien­st, wo in der halb gefüllten Kirche ein Priester Mitte 80 die Messe zelebriert­e, sichtlich gezeichnet von einer Krankheit. Vier Mädchen, die als die drei Könige verkleidet waren, brachten das Programm der Sternsinge­r noch einmal liebevoll zur Aufführung. Mit der geweihten Kreide schrieben sie schließlic­h den Segensspru­ch für 2018 an die Kirchentür, leider nicht an meine. Ich werde mir das nächste Mal die ganze Woche freinehmen.

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