Organist erschafft fließende Klangwelten
Die Orgel in St. Peter und Paul in Ratingen stammt aus der Werkstatt Romanus Seifert & Sohn. Sie wurde im September 1953 eingeweiht.
KREIS METTMANN „Die Orgel ist nun Weltkulturerbe, damit sind wir aber nicht Museumswärter oder Testamentsvollstrecker.“Ansgar Wallenhorst, gerade mal 50 Jahre alt, Kantor und Organist an St. Peter und Paul, ist ein Quell trefflicher Aussagen über das Instrument seiner Leidenschaft. Nun hat er mit dem Exemplar in der katholischen Pfarrkirche und dessen immer wieder aufgerüsteten Zustands auch eine Orgel zur Verfügung, die seinen Künsten wohl zu Willen ist.
Als Orgelsachverständiger des Erzbistums hat er durchaus etwas mitzuteilen; an der Hochschule für Musik und Tanz Köln liest er über Orgelbau, bei samstäglichen Kurzdarbietungen in Ratingens gotischer Kirche am Markt bringt er Interessierten unermüdlich das Instrument näher.
„Die Orgel ist eines der vielen Accessoires, das sich die Kirche im Laufe von Jahrhunderten zugelegt hat oder das ihr zugetragen wurde. Entscheidend ist, ob wir mit Orgelmusik heute Menschen erreichen, bewegen und zum Staunen bringen. Dann ist die Orgel ein Werkzeug der Verkündigung und der Seelsorge. Wenn nicht, dann hat sie sich im kirchlichen Raum überlebt wie vieles andere auch.“Sagt Wallenhorst mit großem Anspruch. Er jedenfalls will alles dafür tun, dass sich die Orgel und ihre Musik nicht überleben. Also ist die Orgel doch mehr Gottes-
Es ist Theenwoche. Gestern hat sie begonnen. Jedes Jahr am 18. Januar geht es los unter dem Motto „Gebetswoche: Einheit der Christen“. Wer betet da eigentlich? Selbst manche Christen wissen nicht, dass es diese Woche gibt. Andere – gleich aus welcher christlichen Kirche – haben das Beten aus Enttäuschung bereits aufgegeben. Die andauernde Uneinigkeit unter den Christen verärgert nicht nur, sondern lässt vielen die Lust am Kirchesein vergehen. Oder das Ganze wird einem egal. Wofür sollte man schon beten, wenn „die da oben“es nicht hinbekommen? Gläubige, die um die Einheit der Christen ringen, halten dagegen, dass es ja nicht so einfach sei. Und dass man schon viel geschafft habe. Beide Seiten haben das Problem eines Pragmatismus. Der Glaube daran, dass nur durch unser Tun etwas verändert werden könnte. Sogar von außerhalb der Kirche stimmt man zu: Die Christen müssen sich mal zusammenreißen und etwas tun, damit die Streitigkeiten aufhören. Ja, es ist gut, dass etwas getan wird für die Einheit. Denn die Frage in dieser Woche lautet nicht nur „Wer betet eigentlich?“, sondern man muss ebenso fragen „Wer handelt ei- geschenk als Teufelswerk. Nun hat Wallenhorst, angeregt durch die inzwischen entwickelten Möglichkeiten der Ratinger Seifert-Orgel (Erbauerfirma Romanus Seifert & Sohn, Kevelaer), den Begriff der „fluiden Orgel“kreiert. Das soll heißen, dass sich jeder Organist in Ratingen seine Orgel „zusammenstellen und eben auch fließende Klanglandschaften entstehen lassen kann“. Er kann an seinem Spieltisch gentlich?“Und es ist ebenso gut, dass das Motto „Gebets-Woche“heißt. Denn diese Tage können helfen, im Tun und im Beten denjenigen in den Mittelpunkt zu stellen, um den es eigentlich geht: Jesus Christus. Schließlich hat Er all das mit den Christen in Gang gesetzt. Und tatsächlich, derjenige, der um die Einheit betet, ist Jesus (nachzubeten in Johannes 17,2023). Gebetswoche könnte also heißen, sich dem betenden Jesus anzuschließen; sich gemeinsam hinter ihn zu stellen, der für uns und mit uns betet. Und dann wird nicht nur deutlich, wer da betet, sondern auch, wer da handelt und die Einheit verwirklichen kann. Dann ist das wieder dieser Jesus, der – so sein Versprechen – seine Jünger tatkräftig unterstützen wird. „Beten und Tun“wäre also ein Untertitel für diese Woche. Wenn alle Christen dies eine Woche lang in Einheit schaffen würden, könnte man einen Geschmack davon bekommen – innerhalb und außerhalb der Kirche(n) –, was eine vereinte Christenheit für eine Ausstrahlung hätte. Ganz nach der Vision ihres Gründers. PASTOR SEBASTIAN HANNIG KATH. KIRCHE METTMANN die Klangmischung beeinflussen, die Dynamik der Anschläge und den Charakter des Raums – ob es nun ein hallender oder wie auch immer beschaffener ist.
Das alles macht der neue Spieltisch möglich, der 2012 konstruiert worden ist und im Chorraum seinen Platz gefunden hat. Von dort wird die Orgel elektronisch gesteuert – die Töne aber kommen immer noch aus den Orgelpfeifen. Das gibt es zum Beispiel seit Jahresbeginn im Petersdom in Rom nicht mehr: Der Vatikan hat eine digitale Orgel angeschafft, die keine Pfeifen mehr hat. Man sieht nur die Tasten und die Knöpfe für die Register links und rechts und man sieht Lautsprecher. Daraus quellen künstlich gemachte Töne.
Bereits im 15. Jh. ist eine Orgel in St. Peter und Paul erwähnt. Sie wurde aber in den Wirren des Dreißig- jährigen Krieges zerstört. Einer Barockorgel aus dem Jahr 1621 folgte 1784 ein Instrument aus der Werkstatt Abraham Itters aus Düsseldorf; die romantische Fabricius-Orgel aus dem Jahr 1899 wurde beim Bombenangriff im März 1945 zerstört. Darauf folgte die heutige Orgel aus der Werkstatt Romanus Seifert & Sohn, die am 4. September 1953 eingeweiht wurde. 1998 erfuhr sie im Rahmen einer umfassenden Kirchenrenovierung auch eine Restaurierung und eine klangliche Modifizierung, im Jahr 2006 noch einmal. Dazu gehörte unter anderem die Ergänzung der Windanlage durch zwei zusätzliche Motoren.
Leitend war der Grundsatz, die Ratinger Orgel als Zeitzeugin der Nachkriegsinstrumente zu erhalten und klanglich in der Ästhetik der Orgelbautradition des Hauses Seifert in Kevelaer zu optimieren. Ihr romantischer Fundus und die warme Intonation sind durch Streicher und Zungenstimmen der tiefen Lage ergänzt, ohne dass Farbreichtum und Dispositionsweise der neo-barocken Ausrichtung aufgegeben wurden.
Mehr als 2600 Pfeifen aus Holz oder einer Zinn-Blei-Legierung erklingen nun zur größeren Ehre Gottes und auch zu des Menschen Freude. Manch einem gefällt sie am besten, wenn sie laut ist und im Magen wummert, manch einen verzücken eher die leisen Töne. Die Orgel kann beides, die guten Organisten auch.
Einheit – wie schaffen wir das? „Gebetswoche könnte also heißen, sich dem betenden Jesus anzuschließen“