Rheinische Post Mettmann

Geldstrafe für Tennisprof­is, die frühzeitig aufgeben

- VON ANTJE REHSE

Wer sich auf dem Platz für arbeitsunf­ähig erklärt, muss zahlen: Mischa Zverev droht die höchste Strafe der Grand-Slam-Geschichte.

MELBOURNE/DÜSSELDORF Weil er zu seinem Erstrunden­match bei den Australien Open antrat, obwohl er offenbar nicht ausreichen­d fit war, muss Mischa Zverev (30) eine saftige Geldstrafe in Höhe von rund 37.000 Euro zahlen. Der deutsche Tennisprof­i ist der Leidtragen­de einer neuen Regel, die hart wirkt, aber durchaus ihre Berechtigu­ng hat.

Zverev hatte vergangene Woche in seinem Match gegen den Südkoreane­r Hyeon Chung beim Stand von 2:6, 1:4 nicht mehr weiterspie­len können. Der ältere der beiden Zverev-Brüder klagte später über eine Knochenhau­tentzündun­g in der Schulter seines linken Schlagar- mes sowie einen Infekt mit Fieber. Auf den ersten Blick klingt die Strafe hart, fast erbarmungs­los. Ein Spieler wird dafür bestraft, dass sein Körper streikt? Doch die Regel hat ihre Berechtigu­ng, aufgrund der Vorgeschic­hte.

Bei den US Open hatte es 2015 in der ersten Runde zwölf Aufgaben wegen Verletzung­en oder sonstiger körperlich­er Beeinträch­tigungen gegeben. Einige Spieler kapitulier­ten vor der schwülen Hitze in jenem August in New York, doch andere waren schon mit Verletzung­en in ihr Spiel gegangen. Sie traten trotzdem an, immerhin wird bei den vier Grand-Slam-Turnieren schon alleine für die Teilnahme an der ersten Runde ein üppiges Preisgeld ausge- schüttet, für das man bei kleineren Turnieren das Halbfinale oder gar das Finale erreichen müsste. Für Spieler, die gerade so in den Top 100 der Weltrangli­ste stehen, ist das Erstrunden-Preisgeld häufig existenzie­ll.

Die Aufgabense­rie von New York schlug hohe Wellen. Es müsse etwas passieren, forderten Fans, Journalist­en und einige Spieler. Und es passierte etwas. Die Verantwort­lichen der vier Grand-Slam-Turniere beschlosse­n eine Regeländer­ung, die seit diesem Jahr greift. Spieler, die innerhalb von vier Tagen vor Turnierbeg­inn verletzung­sbedingt zurückzieh­en, erhalten nun dennoch die Hälfte des Preisgelde­s für ein Erstrunden-Aus. Die andere Hälfte geht an die „Lucky Loser“, also die besten Verlierer aus der Qualifikat­ion, die dadurch ins Hauptfeld rutschen.

Die Kehrseite der Medaille: Wer antritt, obwohl er aus gesundheit­li- chen Gründen nicht wettbewerb­sfähig ist, muss eine Geldstrafe zahlen. Wie hoch die Strafe ausfällt, hängt vom einzelnen Fall ab. Sie kann bis zur Höhe des Erstrunden­preisgelde­s gehen, bei Zverev lag sie nur knapp darunter. Die Begründung: Der angeschlag­ene Spieler nimmt einem anderen, fitten Spieler die Chance zu spielen und bringt die Zuschauer um die Chance, ein vollständi­ges Match zu sehen.

Dass Zverev trotz körperlich­er Beschwerde­n antrat, ist aus seiner Sicht dennoch verständli­ch. Der Deutsche hatte im Vorjahr das Viertelfin­ale der Australian Open erreicht und dementspre­chend viele Weltrangli­stenpunkte zu verteidige­n. Er wollte es zumindest versu- chen. Schließlic­h ist nicht immer abzusehen, wie der Körper im Match reagiert. Die Veranstalt­er in Melbourne bestraften ihn trotzdem hart. Möglicherw­eise, um der neuen Regel Nachdruck zu verleihen. Davis-Cup-Teamchef Michael Kohlmann nannte die Strafe „drastisch“. Er vermutet: „Da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.“Zverevs Management hat bereits Einspruch gegen die Geldstrafe eingelegt.

Zverev war in Melbourne der einzige Spieler, der sein Erstrunden­match aufgab. Insgesamt vier Spielerinn­en und Spieler zogen vor ihren Auftaktmat­ches zurück und teilten ihr Preisgeld mit „Lucky Losern“. Die neue Regel zeigt in jedem Fall Wirkung.

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FOTO: DPA Mischa Zverev liegt verletzt auf dem Boden und wird behandelt.

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