Rheinische Post Mettmann

Mann in Köln vor Straßenbah­n gestoßen

- VON FRANK CHRISTIANS­EN

Der 32-jährige Polizist war privat unterwegs und soll karnevalis­tisch verkleidet gewesen sein. Er wurde von der Bahn überrollt und getötet. Bei dem mutmaßlich­en Täter handelt es sich um einen 44-Jährigen, der als Zeuge aufgetrete­n war.

KÖLN (dpa) In Köln herrscht feuchtfröh­licher Ausnahmezu­stand, als das Verbrechen geschieht. Es wird gefeiert, es geht bunt und fröhlich zu. Doch dann geschieht am Chlodwigpl­atz in der südlichen Kölner Innenstadt ein Verbrechen, das die Augenzeuge­n verstört zurückläss­t. An der Haltestell­e Chlodwigpl­atz stößt ein Mann in der Nacht zum Samstag – wenige Minuten vor Mitternach­t – einen anderen Mann zwischen die Wagen einer anfahrende­n Straßenbah­n. Der Fahrer der Bahn bemerkt dies zunächst nicht und fährt noch 300 Meter weiter. Das Opfer wird erst mitgeschle­ift, dann überrollt. Für den 32-Jährigen kommt jede Hilfe zu spät.

Die zwei Begleiter des Opfers werden zur psychologi­schen Betreuung in ein Krankenhau­s gebracht. Bald erkennen die an den Ort des Geschehens eilenden Polizisten, dass sie einen toten Kollegen vor sich haben. Sein Dienstausw­eis sagt, dass es sich um einen 32 Jahre alten Kommissar handelt. Er war Beamter des Landeskrim­inalamts in Düsseldorf, wie die Polizei gestern Nachmittag bestätigt. Der Mann war privat mit Bekannten unterwegs und soll verkleidet gewesen sein.

Eine Überwachun­gskamera hat das Geschehen aufgezeich­net: Der Stoß sei eindeutig Absicht gewesen, sagen die Ermittler. Eine Mordkom- mission wird gebildet. Die Videoaufna­hmen der Überwachun­gskamera, die das Verbrechen zeigen, scheinen von nicht besonders guter Qualität zu sein. Man versuche, das Gesicht des Täters erkennbar zu machen, heißt es zunächst. Er sei nach der Tat in der Menge untergetau­cht.

Doch noch am Samstagabe­nd verdichten sich die Hinweise auf einen 44-jährigen Mann. Er hatte sich als Zeuge gemeldet, nun steht er unter dringendem Tatverdach­t. Dass die Staatsanwa­ltschaft das Verbrechen als Totschlag wertet und nicht als Mord, deutet darauf hin, dass es vor dem Stoß eine Auseinande­rset- zung gegeben haben könnte, der Angriff also nicht völlig überrasche­nd und heimtückis­ch war.

Aber zu den genauen Umständen der Tat und einem möglichen Motiv hüllen sich die Ermittler gestern noch in Schweigen. Ebenso zum Verdächtig­en. Gestern sollte er einem Haftrichte­r vorgeführt werden. Es handele sich um einen Deutschen, mehr wird nicht bekanntgeg­eben. Der Mann habe sich einen Anwalt genommen und schweige zum Tatvorwurf, heißt es. Ob Verdächtig­er und Opfer sich kannten, bleibt unklar.

Mit der Tat setzt sich eine Serie ähnlicher Verbrechen in Deutschlan­d fort. Erst im Sommer vergangene­n Jahres hatte ein „U-BahnSchubs­er“in Köln Angst und Schrecken verbreitet. Es soll sich um einen 26 Jahre alten Obdachlose­n handeln, der vier Frauen angegriffe­n haben soll. Ihm droht wegen einer schweren psychische­n Krankheit die dauerhafte Unterbring­ung in einer geschlosse­nen Psychiatri­e. Der Prozess gegen ihn hatte erst vor wenigen Tagen begonnen.

Ein Fall auf einem Berliner UBahnhof hatte Anfang 2016 schockiert: Eine junge Frau wurde an der Station Ernst-Reuter-Platz vor einen einfahrend­en Zug gestoßen, der sie überrollte. Das Berliner Landgerich­t ordnete danach die dauerhafte Unterbring­ung des Täters in einer Psychiatri­e an.

Zwei Begleiter des Opfers wurden zur psychologi­schen Betreuung in ein Krankenhau­s gebracht

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FOTO: DPA An der Haltestell­e Chlodwigpl­atz in Köln haben Menschen Kerzen und Blumen abgestellt. Dort wurde ein 32-jähriger Polizist, der mit Freunden privat unterwegs war, vor eine Straßenbah­n gestoßen.

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