Rheinische Post Mettmann

Gold! Gold! Gold!

- VON ROBERT PETERS

Die deutsche Mannschaft startet mit einem goldenen Wochenende in die Olympische­n Winterspie­le. Die Biathleten Laura Dahlmeier und Arnd Peiffer gewinnen den Sprint, Andreas Wellinger wird Erster beim Springen von der Normalscha­nze.

DÜSSELDORF/PYEONGCHAN­G Selbst der Bundespräs­ident war kaum noch zu halten. Im Auslauf der Skischanze von Pyeongchan­g feierte Frank-Walter Steinmeier die Goldmedail­le von Andreas Wellinger – tief in der südkoreani­schen Nacht. Steinmeier hatte auch den Triumph von Laura Dahlmeier im BiathlonSp­rint miterlebt. „Ein unglaublic­her Tag“, sagte er, „das wird unserem Team Deutschlan­d Rückenwind geben.“Er konnte nicht ahnen, wie zutreffend das war. Nach Dahlmeier und Wellinger machte Arnd Peiffer im Biathlon-Sprint das goldene Wochenende perfekt.

Natürlich hat gestern jeder der großen Sieger mal das Wörtchen „Wahnsinn“bemüht, um die Stimmungsl­age einigermaß­en zu beschreibe­n. Und für alle sind die Olympische­n Spiele der mit Abstand größte und wichtigste Wettbewerb in ihrem Sportlerle­ben. Trotzdem sind die Voraussetz­ungen der Olympiasie­ger des ersten Wochenende­s sehr unterschie­dlich. Dahlmeier und Peiffer stehen in Deutschlan­ds Winterspor­tart Nummer eins ständig in der Öffentlich­keit, vor allem Dahlmeier ist eine öffentlich­e Person. Wellinger darf einmal im Jahr bei der Vierschanz­entournee für sich in Anspruch nehmen, eine öffentlich­e Person zu sein. Die Weltcup-Wettbewerb­e, selbst die Weltmeiste­rschaften der Skispringe­r stehen eindeutig im Schatten des Biathlon. Umso bedeutende­r ist der Olympiasie­g für den Springer aus Ruhpol- ding. Seit 1994 in Lillehamme­r (Jens Weißflog) hat kein Deutscher mehr ein Einzelspri­ngen bei Olympia gewonnen. Die Hauptdarst­ellerin. Laura Dahlmeier (24) ist als Star zu den Spielen gereist. Sechs Medaillen, darunter fünf goldene, gewann sie bei den Weltmeiste­rschaften im vergangene­n Jahr. Und trotz einer durch Krankheit und Trainingsr­ückstand beeinträch­tigten Vorbereitu­ng auf das Großereign­is in Südkorea wurde sie bei den Experten als eine der Favoritinn­en gehandelt. Dass sie dieser Rolle bereits beim ersten Auftritt derart souverän gerecht würde, haben ihr aber nicht einmal besonders zuversicht­liche Fans zugetraut. „Die Erwartunge­n von außen waren mindestens so hoch wie meine eigenen“, sagte sie, „trotzdem muss ich versuchen, locker zu bleiben.“Das ist ihr beeindruck­end gelungen. Sie selbst fand: „Das ist unglaublic­h.“Es ist tatsächlic­h wie ein großes Märchen. Dazu passt, dass sie als kleines Mädchen einer Freundin auf die Frage nach dem Berufswuns­ch „Hüttenwirt­in oder Olympiasie­gerin“ins Poesiealbu­m schrieb. Ihre erste olympische Goldmedail­le sichert sportliche­n Ruhm und ein weiterhin gutes Einkommen. Arm sind die Biathleten nicht. Dahlmeiers Monatseink­ommen wird auf 50.000 Euro geschätzt. Der Stille. Arnd Peiffer (30) hat keinem Freund in früher Jugend etwas ins Poesiealbu­m geschriebe­n. Zumindest ist darüber nichts bekannt. Während die Kollegin Dahlmeier als das Gesicht der deutschen VorzeigeWi­ntersporta­rt und gefragte Gesprächsp­artnerin gilt, lässt Peiffer Leistungen in der Loipe und am Schießstan­d für sich sprechen. Darüber hinaus hält er sich im Hintergrun­d. In Pyeongchan­g erlebt er seine dritten Winterspie­le. Er hat sich in den zurücklieg­enden acht Jahren beständig gesteigert. In Vancouver 2010 wurde er mit der Staffel Fünfter, im Massenstar­t belegte er Rang 17. Vor vier Jahren in Sotschi gewann er mit der Staffel die Silbermeda­ille. Und nun steht er nach einem Einzelrenn­en ganz oben. Dabei sei es „gar nicht mein Tag gewesen“, erklärte er im Zielraum. Beim Einschieße­n war der Schlagbolz­en seines Gewehrs gebrochen, dann stürzte er beim Aufwärmen und prellte sich den Ellbogen. Ungünstige Vorzeichen vor einem Rennen gegen den als nahezu unschlagba­r geltenden Franzosen Martin Foucard. Auch deshalb war Peiffers Sieg der Sieg eines großen Außenseite­rs. Als der Erfolg feststand, schlug er die Hände vors Gesicht. Dann brach er doch zu einem kleinen Freudentän­zchen auf. Der Frühreife. Andreas Wellinger (22) war mal Nordischer Kombiniere­r. Zum Glück haben ihm seine Trainer vor acht Jahren empfohlen, ganz auf das Springen zu setzen. Den ersten großen Erfolg feierte der hochtalent­ierte Springer im zarten Alter von 18 Jahren. In Wisla gewann er zum erstenmal bei einem Weltcup-Wettbewerb, und bei den Olympische­n Spielen von Sotschi holte er mit Andreas Wank, Marinus Kraus und Severin Freund die Goldmedail­le im Mannschaft­sspringen. Danach kam die für sein Alter übliche Berg- und Talfahrt im Weltcup und bei den großen Wettbewerb­en. Seinen zweiten Weltcup-Sieg holte Wellinger vor fast genau einem Jahr in Willingen. Und in den vergangene­n zwölf Monaten ist er auch nach Ansicht von Bundestrai­ner Werner Schuster „gewachsen, er ist zum absoluten Topmann aufgestieg­en“. Diese Einschätzu­ng bestätigen zwei Silbermeda­illen in den Einzelspri­ngen und die goldene im WM-Teamwettbe­werb und erst recht die Goldmedail­le in Pyeongchan­g. „Es hat jetzt mal absolut der Richtige gewonnen“, erklärte Schuster. Ob der Richtige deshalb auf dem Weg ist, in Fragen der Popularitä­t zu Sven Hannawald, dem Vierschanz­entourneeS­ieger, oder Martin Schmitt, der Werbefigur für „Lila Pause“, aufzuschli­eßen, ist nicht gesagt. Seine Vorgänger auf der Schanze stehen für die Blüte des Skispringe­ns – zumindest, was dessen Bedeutung in den Augen der deutschen Öffentlich­keit betrifft.

Das Springen stand in den späten 1990er Jahren in der Gunst des deutschen Publikums deutlich vor Biathlon. Wellingers Vorstellun­gen auf der Schanze und als Öffentlich­keitsarbei­ter machen der ganzen Sportart Hoffnung. Nicht nur bei Olympia.

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FOTO: IMAGO
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Laura Dahlmeier

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