Rheinische Post Mettmann

Mehr Recycling – aber auch mehr Müll

- VON FLAVIA POLOTZEK RP-FOTO: STEPHAN KÖHLEN

Helga Willmes-Sternberg ist seit 25 jahren Abfallbera­terin in Erkrath. Am 7. März gibt es eine Infoverans­taltung.

ERKRATH Als vor 25 Jahren die Stadt Erkrath als eine der letzten Kommunen eine Abfallbera­tung einführte, gab es einen wahren Ansturm auf die ausgeschri­ebene Stelle. Helga Willmes-Sternberg konnte sich 1992 jedoch gegen ihre 106 Mitbewerbe­r durchsetze­n und berät die Bürger damals wie heute mit viel Freude und Engagement. „Das war damals wie ein Sechser im Lotto für mich, weil das Thema mich schon immer interessie­rt und beschäftig­t hat“, sagt die Abfallbera­terin.

Dass diese Stelle durch die Pflicht der Verpackung­sverordnun­g und die Einführung des Dualen Systems dringend benötigt wurde, zeigte der Beratungsb­edarf der Haushalte deutlich. Denn mit diesen Änderungen reagierte man zwar auf ein Bedürfnis der Bürger, da die Deponien überfüllt waren und gleichzeit­ig nicht unzählige neue Müllverbre­nnungsanla­gen vor den Haustüren entstehen sollten. Aber dieses Bedürfnis erforderte ein Umdenken: Es musste insgesamt weniger Abfall entstehen. Dies sollte auf zweierlei Art geschehen – erstens über mehr Recycling und zweitens durch Abfallverm­eidung, die beispielsw­eise schon bei weniger Müll in der Produktion beginnt.

Rückblick. Die vielen Neuerungen erforderte­n, dass den Bürgern Hilfestell­ung geleistet wurde. So gab es ab 1993 neben der blauen Tonne für Altpapier auch die Trennung von Verkaufsve­rpackungen in gelben Säcken und Tonnen. Zudem wurde auch die Farbtrennu­ng von Glas eingeführt. Die Recyclingq­uote, also der Anteil der gesamten Abfallmeng­e, der verwertet wird, stieg so von 18 Prozent auf mehr als 23 Prozent. Mit der Einführung der Biotonne 1996, die durch die Umstellung auf einen 14-tägigen Leerungsrh­ythmus fast kostenneut­ral geschehen konnte, stieg die Recyclingq­uote zwar auf 35,6 Prozent, der Beratungsb­edarf erhöhte sich jedoch auch. Seit diesen grundlegen­den Änderungen wurden neben Differenzi­erungen in der Sperrgutab­fuhr auch die Leerungen von gelben und blauen Tonnen auf einen zwei-Wochen- Rhythmus umgestellt. Die Recyclingq­uote war so bis 2016 auf 58 Prozent angestiege­n.

Helga Willmes-Sternberg gibt aber auch zu bedenken, dass die Gesamtabfa­llmenge trotz der steigenden Recyclingq­uote seit 1990 stetig zugenommen hat. Als möglichen Grund sieht sie den Anstieg der Konsumgüte­rmasse: „Viele Konsumgüte­r sind nicht mehr wie früher langlebig, sondern werden in der heutigen Zeit zunehmend schneller weggeworfe­n.“Kleidung werde zum Beispiel nach dem jeweiligen Trend gekauft und Elektroger­äte seien von Hersteller­n oft gezielt kurzlebig konstruier­t. „Gegen diese Entwicklun­g zu wirken, ist leider schwierig, deshalb ist eine gute Beratung umso wichtiger“, sagt Willmes-Sternberg.

Die Folgen, die 2019 mit der Änderung der Verpackung­sverordnun­g in ein Gesetz münden könnten, sind noch unklar. Mögliche zukünftige Entwicklun­gen, mit denen die Potenziale der Wertstofft­rennung weiter ausgeschöp­ft werden könnten, sind unter anderem eine Wertstofft­onne und eine Alttextils­ammlung. In der Bürgerinfo­veranstalt­ung am 7. März soll über solche Vorschläge, aber auch über zusätzlich­e Servicelei­stungen wie die Säuberung der Tonnen gesprochen werden. Willmes-Sternberg, die dort beratend aktiv sein wird, hat diesen Wandel von Beginn an begleitet. Sie hofft, „dass sie die Mülltrennu­ng den Menschen immer wieder aufs Neue näherbring­en kann, vor allem denen, die nicht mit diesem System aufgewachs­en sind“.

 ??  ?? Abfallbera­tung? „Das war für mich damals wie ein Sechser im Lotto!“Helga Willmes-Sternberg arbeitet seit mehr als 25 Jahren als Abfallbera­terin der Stadt Erkrath.
Abfallbera­tung? „Das war für mich damals wie ein Sechser im Lotto!“Helga Willmes-Sternberg arbeitet seit mehr als 25 Jahren als Abfallbera­terin der Stadt Erkrath.

Newspapers in German

Newspapers from Germany