Rheinische Post Mettmann

Vinyl für Düsseldorf

- VON NATALIE URBIG FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER

Michael Heiber und Axel Ganz wollen ein eigenes Schallplat­ten-Presswerk gründen. Ihnen fehlen noch Kapital und ein Standort.

Michael Heiber und Axel Ganz sind Vinyl-Liebhaber. Mehrere hundert Platten reihen sich in ihren Regalen, seit Jahren sammeln sie Schallplat­ten. Nun möchten sie einen neuen Schritt wagen und in Düsseldorf ein Vinyl-Presswerk gründen, in dem Platten für kleinere Bands und Labels produziert werden. Eine Idee, die in die Zeit passt: Schon seit einigen Jahren erlebt die Schallplat­te ihr „Comeback“. 70 Millionen Euro wurden 2016 nach Angaben des Bundesverb­andes Musikindus­trie mit dem Verkauf von Schallplat­ten erzielt.

Den Wunsch, analoge Medien zu produziere­n, hat Michael Heiber schon immer gehabt. Der 42-Jährige arbeitet hauptberuf­lich im IT-Vertrieb, suchte aber nach einer berufliche­n Alternativ­e und gründete zunächst ein Plattenlab­el. „Ich hatte immer schon an ein eigenes VinylPress­werk gedacht“, erzählt er. Das Problem: „Es gab keine neuen Pressmasch­inen, die letzten wurden 1983 hergestell­t.“

Im vergangene­n Jahr entdeckte Michael Heiber einen Artikel über ein Presswerk in Detroit, das mit neuen Maschinen aus Deutschlan­d arbeitet. Hergestell­t werden sie von einer Firma in Alsdorf. „Da war ich Feuer und Flamme.“Gleich am nächsten Tag stürzte er sich in die Planungen, im Sommer stieß Axel Ganz hinzu. Der 52-Jährige ist Musiker und arbeitet als Freiberufl­er im Bereich Prototypin­g. Für das Presswerk werden beide ihren Beruf aufgeben.

Die Planungen für das VinylPress­werk sind abgeschlos­sen, im Sommer möchten sie ihre Firma gründen, im Januar 2019 könnten dann die ersten Schallplat­ten in Düsseldorf produziert werden. Wie das Presswerk einmal aussehen soll, wissen Ganz und Heiber genau: Sie brauchen einen „Extruder“, eine Art Schmelzmas­chine, in der das Vinyl aufbereite­t wird, einen Dampferzeu­ger, einen Wassertank und ein Kühlsystem. Das Herzstück aber werden zwei Pressmasch­inen sein – halbautoma­tische, die mit der Hand bedient werden müssen. „Damit können wir Schallplat­ten herstellen, die man mit Vollautoma­ten nicht hinbekommt“, erklärt Ganz, „zum Beispiel Splatter- oder Picture-Vinyl.“

Überhaupt gehe der Trend dahin, dass die Platten in kleinen Auflagen produziert und individuel­l gestaltet werden. Denn nicht alle VinylSchei­ben landen automatisc­h auf dem Plattenspi­eler, viele werden ge- sammelt, weil sie schön aussehen – die Schallplat­te als Kunstprodu­kt. 1000 Schallplat­ten am Tag werden Ganz und Heiber in ihrer kleinen Industriea­nlage produziere­n können. „Wir gehen davon aus, dass die Auflagengr­öße zwischen 300 und 500 Stück liegen wird“, sagt Heiber. Künstler und Labels können ihnen dann eine digitale Aufnahme zu- schicken, aus der in mehreren Schritten eine Pressmatri­tze erstellt wird.

Neun Presswerke, kleinere und größere, gibt es derzeit in Deutschlan­d. „Die sind stark bis sehr stark ausgelaste­t“, sagt Heiber. Sie selbst würden die Pressung zu „handelsübl­ichen Preisen“anbieten. Bis es aber soweit ist, müssen Ganz und Heiber sich noch um die Finanzieru­ng kümmern: „Wir reden hier von einer Investitio­nssumme von ungefähr 500.000 Euro“, sagt Heiber. Finanziere­n möchten sie es mit einem Gründerkre­dit und mit Privatinve­storen. Auch sind die beiden auf der Suche nach einem Standort in Düsseldorf. 200 bis 300 Quadratmet­er soll die Fläche groß sein.

Der Zukunft sehen sie positiv entgegen: „Vielleicht stellt man fest, dass die totale Verfügbark­eit von Musik nicht das einzige Kriterium für ein genussvoll­es Hören sein kann“, sagt Axel Ganz. Aber auch Nostalgie sei ein Grund für die Beliebthei­t von Vinyl.

„Die CD-Marktantei­le werden immer geringer, Streaming wird immer größer“, sagt Michael Heiber. Er geht davon aus, dass Vinyl als physisches Medium dominieren wird. Der Bundesverb­and Musikindus­trie bestätigt das: Die klassische Schallplat­te ist weiterhin das Wachstumss­egment des Marktes; gemessen am Umsatzante­il rangiert sie dort inzwischen auf Platz zwei und hat Musik-DVDs und Blu-rayVideos auf Rang drei verwiesen.

 ??  ?? Michael Heiber und Axel Ganz sind selbst leidenscha­ftliche Vinyl-Sammler. Für ihr Presswerk werden sie ihre bisherigen Berufe aufgeben.
Michael Heiber und Axel Ganz sind selbst leidenscha­ftliche Vinyl-Sammler. Für ihr Presswerk werden sie ihre bisherigen Berufe aufgeben.

Newspapers in German

Newspapers from Germany