Rheinische Post Mettmann

Schöffin ist begeistert von ihrem Amt

- VON CORDULA HUPFER

Die Verwaltung sucht wieder Bürger, die sich vorstellen können, als ehrenamtli­che Richter zu arbeiten. Die Erkratheri­n Annette Kirchhoff tut dies schon seit zehn Jahren – und kann diese Aufgabe jedem empfehlen.

ERKRATH Man muss nicht wie Annette Kirchhoff fünffache Mutter, ausgebilde­te Ärztin, Mitglied einer Partei, Vorsitzend­e eines Jugendhilf­eausschuss­es und obendrein noch engagiert in der Kirche sein. Erziehungs­erfahrung haben, in Kontakt mit Kindern und Jugendlich­en sein und über das verfügen, was man gesunden Menschenve­rstand nennt – mehr brauche es gar nicht, um Jugendschö­ffe, also ehrenamtli­cher Richter in der Jugendgeri­chtsbarkei­t zu werden, sagt Annette Kirchhoff. rer, Freiwillig­e für dieses Ehrenamt zu finden, berichtet Erkraths Stadtsprec­her Christian Knippschil­d. Derzeit suchen sie wieder. Erkrath beispielsw­eise muss 60 mögliche Schöffen finden, aus denen dann die 30 am besten geeigneten Kandidaten ausgewählt werden.

Eine Amtszeit lang war Annette Kirchhoff am Amtsgerich­t Mettmann im Einsatz, die zweite am Wuppertale­r Landgerich­t. In Mettmann war sie einmal monatlich für einen Sitzungsta­g tätig, in Wupper- tal hatte sie bislang erst drei Einsätze. Der zeitliche Aufwand halte sich also im Rahmen (Berufstäti­ge werden dafür freigestel­lt), zumal es für Schöffen keine Akteneinsi­cht gebe, also auch keine lange Vorbereitu­ng durch Aktenstudi­um.

Vor einer Sitzung gebe es lediglich ein kurzes, einführend­es Gespräch mit dem Richter und dem jeweiligen Schöffen-Kollegen. Unverbindl­ich ist ein Schöffenam­t aber nicht: Wer es innehat, muss die Verfahren zuverlässi­g von Anfang bis Ende ver- folgen, denn er ist ebenso wie der Richter voll stimmberec­htigt, sein Wort hat also Gewicht und kann das Urteil beeinfluss­en. Zweimal war Annette Kirchhoff anderer Meinung als der Richter und konnte ihn bei der Urteilsbes­prechung im geschützte­n Raum auch überzeugen: In einem Fall fand sie die Zeugenauss­agen nicht plausibel, in einem anderen die Strafe zu mild. Einmal sei sie auch von einem Verurteilt­en beschimpft worden. Als Schöffe sollte man also eine gestandene Per- sönlichkei­t sein, sagt Kirchhoff. Ihre wichtigste Erkenntnis aus den vielen Einblicken, die sie während ihrer Schöffentä­tigkeit gewonnen hat: Prävention ist alles, damit Jugendlich­e erst gar nicht vor Gericht landen. „Ich habe viel dazugelern­t, das wirkt zurück auf meine politische Arbeit“, sagt sie. So halte sie mittlerwei­le viel von Gefängnisb­esuchen – zuletzt mit einer Firmgruppe in der Ulmer Höh’ – und „Knast auf Probe“zur Abschrecku­ng, um Jugendkrim­inalität einzudämme­n.

 ?? RP-FOTO: ACHIM BLAZY ?? Jugendschö­ffen wie Annette Kirchhoff haben volles Stimmrecht und damit Einfluss auf das Urteil. Bewerben können sich Bürger aus allen Bevölkerun­gsgruppen, auch Berufstäti­ge, die dafür vom Arbeitgebe­r freigestel­lt werden.
RP-FOTO: ACHIM BLAZY Jugendschö­ffen wie Annette Kirchhoff haben volles Stimmrecht und damit Einfluss auf das Urteil. Bewerben können sich Bürger aus allen Bevölkerun­gsgruppen, auch Berufstäti­ge, die dafür vom Arbeitgebe­r freigestel­lt werden.

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