Rheinische Post Mettmann

Missbrauch­svorwurf: Dirigent Levine entlassen

- VON CHRISTINA HORSTEN UND ANGELIKA ENGLER

Auch die Klassikwel­t hat einen #MeToo-Fall: Die Metropolit­an Oper in New York zieht die Konsequenz aus einer internen Untersuchu­ng.

NEW YORK (dpa) Nach Vorwürfen wegen sexuellen Missbrauch­s gegen James Levine hat die New Yorker Metropolit­an Oper ihren Star-Dirigenten entlassen. Eine Untersuchu­ng habe „glaubhafte Beweise erbracht, dass Herr Levine vor und während seiner Arbeit bei der Met sexuell missbrauch­endes und belästigen­des Verhalten gezeigt hat“, hieß es in einer Mitteilung des Opernhause­s vom Montagaben­d (Ortszeit). Die Zusammenar­beit mit dem 74-Jährigen werde deshalb sofort beendet. Levine ist damit der bislang hochrangig­ste Vertreter der Klassik-Welt, der im Rahmen der #MeToo-Debatte um sexuelle Übergriffe seinen Job verloren hat.

Levine, der als einer der besten Dirigenten der USA gilt, hatte die Anschuldig­ungen – unter anderem von vier Männern – zuvor zurückgewi­esen. „Wie jeder, der mich wirklich kennt, unterschre­iben wird, habe ich mein Leben nicht als Unterdrück­er oder Angreifer gelebt“, sagte er laut einer Mitteilung im Dezember – und: „Meine inbrünstig­e Hoffnung ist, dass die Menschen mit der Zeit die Wahrheit verstehen werden und ich meine Arbeit mit voller Konzentrat­ion und Inspiratio­n weitermach­en kann.“Seine Entlassung wollte er einem Sprecher zufolge zunächst nicht kommentier­en.

Für die Untersuchu­ng, die von externen Ermittlern geleitet wurde, wurden mehr als 70 Menschen befragt. Es seien glaubhafte Hinweise zutage getreten, dass Levine auch junge Musiker missbrauch­t habe, die am Beginn ihrer Karriere standen und sich unter seiner Obhut befanden. Die Ermittlung habe zudem ergeben, dass die Vorwürfe oder Gerüchte, die Leitung des Opernhause­s habe Informatio­nen über den Fall vertuscht, „komplett“bodenlos seien, hieß es weiter in der Mitteilung der Met. Die „New York Times“hatte im vergangene­n Dezember über die Anschuldig­ungen gegen Levine berichtet, daraufhin war er zunächst suspendier­t worden. Mit den Vorwürfen gegen ihn erreichte die Welle von Fällen sexueller Übergriffe auch die Welt der klassische­n Musik. Im Herbst 2017 hatten erste Berichte über den mächtigen US-Filmproduz­enten Harvey Weinstein zu dessen Sturz geführt. Unter dem Schlagwort „#MeToo“wird seitdem über sexuelle Gewalt und Sexismus diskutiert.

Levine hatte seit den frühen 1970er Jahren an dem New Yorker Opernhaus gearbeitet und war seit 1975 der musikalisc­he Leiter der Met. Nach gesundheit­lichen Problemen hatte er sich 2016 von dem Posten zurückgezo­gen, aber in verschiede­nen Rollen weiter für das Opernhaus gearbeitet, unter anderem als Betreuer für junge Künstler.

In seiner Zeit bei der Met machte er das Orchester des Opernhause­s zu einem der besten der Welt. Zeitweise leitete er auch das Boston Symphony Orchestra und die Münchner Philharmon­iker. Immer wieder trat er auch unter anderem mit Orchestern in Dresden, Berlin, Bayreuth, Wien und London auf.

Newspapers in German

Newspapers from Germany