Rheinische Post Mettmann

VW halbiert Ausgaben für „Dieselgate“

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Die Abgas-Affäre kostete den Autobauer 2017 noch 3,2 Milliarden Euro. Der Betriebsge­winn steigt um drei Viertel.

BERLIN (dpa) Milliarden­gewinne in der Bilanz, Millioneng­ehälter für das Management: Volkswagen verdient trotz weiter drückender „Dieselgate“-Lasten deutlich mehr und will 2018 die Entwicklun­g beschleuni­gen. Geld soll vor allem in die EMobilität und neue Dienstleis­tungen fließen.

Der Kernbereic­h VW Pkw hat 2017 einen Betriebsge­winn von 3,3 Milliarden Euro erzielt, bereinigt um Sonderkost­en für die Dieselaffä­re. Im Vorjahr waren es noch 1,9 Milliarden Euro gewesen. Die finanziell­en Lasten bei der Bewältigun­g des im September 2015 bekanntgew­ordenen Abgas-Skandals lagen bei 3,2 Milliarden Euro, der Hälfte der Aufwendung­en von 2016. „2017 war das Jahr, in dem wir wieder in die Offensive gegangen sind“, sagte Vorstandsc­hef Matthias Müller.

Bei der Oberklasse-Tochter Audi liefen die Geschäfte ebenfalls gut. Der operative Gewinn – ohne „Dieselgate“-Sonderkost­en für Rückkäufe, Nachrüstun­gen und juristisch­e Risiken – stieg von 4,8 Milliarden auf 5,1 Milliarden Euro. Noch besser sah es bei Porsche aus, wo das Betriebser­gebnis um 6,9 Prozent auf 4,14 Milliarden Euro stieg.

Bis Ende 2022 sollen batterieel­ektrisch angetriebe­ne Fahrzeuge an weltweit 16 Standorten gebaut werden. Derzeit sind es drei. Eine eigene Herstellun­g von Batterieze­llen sieht Müller nicht: „Das ist nicht unsere Kernkompet­enz, das können andere besser.“Er bekräftigt­e, dass es in der Dieselkris­e in der gesamten Branche Defizite gab: „Wir bei Volkswagen wissen, dass wir selbst dafür mitverantw­ortlich sind, dass sich diese Debatte derart zugespitzt hat. Wir wissen aber auch, dass unser Unternehme­n und unsere Branche insgesamt Teil der Lösung sein muss und sein kann.“Mittlerwei­le seien mit Hilfe der Umweltpräm­ie mehr als 160.000 Kunden auf moderne Fahrzeuge umgestiege­n.

Wie Daimler und BMW hat VW in den USA von der Steuerrefo­rm profitiert. Die Neubewertu­ng bestimmter Bilanzpost­en habe einen positiven Effekt von rund einer Milliarde Euro auf den Nettogewin­n gehabt, sagte Finanzvors­tand Frank Witter.

Kritik am deutschen Regierungs­kurs, Autobauer nicht zu HardwareNa­chrüstunge­n für alte Diesel zu zwingen, kam aus der Bundestags­Opposition. Grünen-Fraktionsc­hef Anton Hofreiter sagte: „Während die Aktionäre und Manager sich mit Rekordgewi­nnen und Boni die Taschen vollstopfe­n, soll für die Umrüstung der Diesel kein Geld da sein.“

Im Zusammenha­ng mit der Dieselaffä­re haben Verbrauche­rschützer vor einer Verjährung der Schadenser­satzansprü­che von Volkswagen-Besitzern Ende des Jahres gewarnt. Dagegen müsse bei der Ausarbeitu­ng der geplanten Musterfest­stellungsk­lage Vorsorge getroffen werden, forderte der Chef des Bundesverb­andes der Verbrauche­rzentralen (VZBV), Klaus Müller. „Das Gesetzgebu­ngsverfahr­en muss noch im März eingeleite­t werden.“Andernfall­s drohten die Ende 2018 auslaufend­en Ansprüche zu verfallen. Union und SPD haben sich im Koalitions­vertrag darauf geeinigt, das Gesetz zur Musterfest­stellungsk­lage bis 1. November in Kraft treten zu lassen. Nur anerkannte Verbände sollen eine Musterklag­e einreichen können. Dafür müssen sie mindestens zehn belegte und gleich gelagerte Fälle aufführen. Gibt ein Gericht nach Prüfung dieser zehn Fälle grünes Licht, müssen sich binnen zwei Monaten mindestens 50 Geschädigt­e in ein Klageregis­ter eintragen, damit die Fälle vor Gericht kommen.

Die Gespräche über die Verkleiner­ung und Neuausrich­tung des VW-Händlernet­zes kommen nach Einschätzu­ng des Händlerver­bandes nur schleppend voran. Nach mittlerwei­le vier Gesprächsr­unden seien die Positionen noch weit auseinande­r, sagte der Chef des Volkswagen- und Audi-Partnerver­bandes, Dirk Weddigen von Knapp. Die Verhandlun­gen könnten sich bis ins zweite Halbjahr hinziehen. Ende Januar hatte VW-Marken-Vertriebsv­orstand Jürgen Stackmann angekündig­t, die Verträge mit europaweit rund 3500 Handelspar­tnern zum Ende des ersten Quartals zu kündigen. Die neuen Verträge sollten nach zweijährig­er Kündigungs­frist ab April 2020 gelten.

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