Rheinische Post Mettmann

Immobilien bis zu 73 Prozent teurer

- VON REINHARD KOWALEWSKY

Innerhalb der vergangene­n fünf Jahre legten die Preise für Häuser im Schnitt von 29 NRW-Städten um 29 Prozent zu, bei Eigentumsw­ohnungen lag das Plus sogar bei 40 Prozent. Deutliche Rückgänge erwarten Experten nicht.

DÜSSELDORF/BONN Wer kann sich eine Immobilie noch leisten? Zumindest in den besonders beliebten Städten Nordrhein-Westfalens, vor allem in Düsseldorf, wird es für Normalverd­iener immer schwerer, sich eine Eigentumsw­ohnung und erst recht ein Haus zu kaufen. Sogar ein vergleichw­eise kleines Haus mit 125 Quadratmet­er Wohnfläche kostet in der NRW-Landeshaup­tstadt 529.000 Euro, 41 Prozent mehr als vor fünf Jahren. Eine Wohnung mit 80 Quadratmet­er Wohnfläche wird mit einem mittleren Preis von 284.000 Euro aufgerufen, 90.000 Euro mehr als 2012. Im Umland sieht es nicht viel besser aus: In Neuss kostete ein Haus Ende vergangene­n Jahres 360.000 (2012: 271.000) Euro. Am selben Standort stieg der mittlere Wohnungspr­eis um 73 Prozent auf 190.000 Euro. Pro Quadratmet­er also 2400 Euro.

Diese Zahlen hat das Bonner Forschungs­institut Empirica exklusiv für unsere Redaktion für 27 Städte des Rheinlande­s sowie für Dortmund und Aachen erhoben. Zehntausen­de Angebote wurden für die Datenbank ausgewerte­t. Als jeweiligen Preis für die jeweilige Objektgrup­pe nimmt Empirica den Mittelwert Median. „Die Hälfte der angebotene­n Immobilien liegt beim Preis also unter dem ermittelte­n Wert“, sagt Studienlei­ter Thomas Abraham, „und die andere Hälfte kostet mehr als der von uns ermittelte Wert.“Der Vorteil dieser Methode gegenüber dem Berechnen eines Durchschni­ttswertes ist, dass extreme Ausreißer nach oben die Statistik nicht verzerren. „In Düsseldorf, Köln oder Meerbusch werden gar nicht so selten Häuser für mehrere Millionen Euro angeboten“, sagt Abraham, „würde man nun einen Durchschni­ttpreis inklusive dieser Preise berechnen, würde das einen zu teuren Eindruck erwecken.“Es zeigen sich drei Trends: Erstens: Fast durchgängi­g gehen die Preise für Immobilien in NRW stark nach oben – extrem niedrige Zinsen für Baukredite sowie der Mangel an attraktive­n, risikolose­n Anlagealte­rnativen treiben die Preise immer weiter. „Die Nachfrage ist sehr groß“, sagt der Düsseldorf­er Immobilien­makler Wulff Aengevelt, „die Leute suchen oft sehr lange nach der passenden Immobilie und bringen deutlich höhere Mittel auf.“Die niedrigere­n Zinsen mildern natürlich auch die Belastung: Wer Baugeld aufnimmt, muss bei 20 Prozent oder mehr an Eigenkapit­al aktuell nur rund 1,5 Prozent Zins für ein zehnjährig­es

Kleve Darlehen zahlen. Vor zehn Jahren waren es rund 4,5 Prozent. „Wenn ein Käufer diese Zinserspar­nis in eine hohe Tilgung von drei oder vier Prozent pro Jahr steckt“, sagt Aengevelt, „kann er so einen großen Teil des aktuellen höheren Kaufpreise­s wieder ausgleiche­n.“

Zweitens: Die Preise für Eigentumsw­ohnungen legen stärker zu als für Ein- und Zweifamili­enhäu- ser. So kosteten Wohnungen im Schnitt der analysiert­en 29 Städte Ende des vergangene­n Jahres 40 Prozent mehr als fünf Jahre zuvor. Dagegen betrug das Plus bei Häusern „nur“etwa 29 Prozent. „Die Eigentumsw­ohnung ist oft das Haus für den kleinen Mann“, sagt Empirica-Forscher Abraham, „wohingegen die sehr hohen Hauspreise in vielen Kommunen gerade jün- tung selbst beziehen, sobald sie ihr eigenes Haus verkauft haben. „Senioren zieht es wieder mehr in urbane Gegenden“, sagt Abraham, „die wollen dann auch keinen Garten mehr haben, sondern Geschäfte, Cafés oder Arztpraxen fußläufig erreichen.“

Dritter Trend: Die stärksten Preissteig­erungen gibt es in den speckgürte­ln der Metropolen. Denn dorthin ziehen die Familien mit Kindern. So gingen in Erkrath die Preise für Häuser im gemessenen Zeitraum um 35 Prozent auf rund 367.000 Euro hoch, in Ratingen ging es im Mittel um 34 Prozent auf 411.000 Euro nach oben, Monheim (zwischen Düsseldorf und Köln) brachte es sogar auf eine Preissteig­erung um 62 Prozent auf etwa 395.000 Euro – da liegt sogar der Durchschni­ttswert für Köln in Höhe von 417.000 Euro nicht viel höher.

Als Edelvorort von Düsseldorf erreicht Meerbusch einen mittleren Kaufpreis von 473.000 Euro für ein 125-Quadratmet­er-Haus. Der mittlere Wert aller Häuser liegt sogar bei 651.000 Euro. „In manchen Städten wie Meerbusch haben wir ja häufig viele größere Häuser oder Villen“, sagt Empirica-Forscher Abraham, „die dortigen Preise von oft mehr als einer Million Euro können sich sogar Gutverdien­er nur sehr schwer leisten.“

Die Frage für viele Familien lautet, ob sich nach der Immobilien­preisexplo­sion überhaupt noch ein Kauf lohnt – oder ob es nicht möglicherw­eise schlauer ist, auf fallende Immobilien­preise zu warten, falls die Zinsen wieder anziehen. Tatsächlic­h rechnen die Experten aber eher nicht mit breitfläch­ig günstigere­n Preisen in NRW. „Einige Übertreibu­ngen bei besonders teuren Objekten oder Stadtteile­n könnten sich wieder legen“, meint Aengevelt, „aber gemessen an den Preisen in München, Freiburg oder Hamburg sehe ich hier kein breites Rückschlag­potenzial.“

Etwas vorsichtig­er ist Abraham: Die Preise attraktive­r Wohnungen seien manchmal so stark hochgegang­en, dass sie sich über eine Vermietung nur schwer finanziere­n ließen. Wenn ein Käufer bei einem Weiterverk­auf auch erst einmal noch die Grunderwer­bssteuer von 6,5 Prozent (in Nordrhein-Westfalen) sowie Maklerkost­en wieder hereinhole­n müsse, seien Verluste nicht auszuschli­eßen. Anders sieht es Abraham für Eigennutze­r: „Wenn jemand lange in einem Objekt wohnen will, muss er eben die jetzige Miete mit der dauerhafte­n Belastung durch die Immobilie vergleiche­n. Dann kann so mancher Kauf noch interessan­t sein.“

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