Rheinische Post Mettmann

Missverstä­ndnis mit langem Anlauf

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Beim Deutschen FußballBun­d (DFB) war man sich des Risikos nur begrenzt bewusst. Ein paar Funktionär­e spöttelten rund um die Inthronisi­erung von Steffi Jones als Bundestrai­nerin nach den Olympische­n Spielen in Rio vor zwei Jahren, man brauche keine Erfahrung, um dieses Team zu betreuen. Es sei qualitativ so gut besetzt, dass das schon alles gut werden würde. Die Warnungen aus der Branche, für Jones käme dieser Posten zu früh, schob man beim DFB energisch beiseite.

Doch es war schnell klar, dass Jones die in sie gesteckten Hoffnungen nicht erfüllen würde. Sie war mit vielen Ideen angetreten. Sie wollte alles moderner gestalten, die Spielerinn­en in Entscheidu­ngsprozess­e intensiver einbinden und ein ansehnlich­eres Spielsyste­m einführen als das ihrer extrem erfolgreic­hen Vorgängeri­n Silvia Neid. Jones ist an ihren Ansprüchen gescheiter­t. Der von ihr eingeläute­te Umbruch ist komplett missraten. Personell. Taktisch. Konzeption­ell. Alles auf einmal. Sie brachte Führungssp­ielerinnen gegen sich auf, setzte auf viele noch zu unerfahren­e Kräfte aus der Liga.

Der DFB ließ sie gewähren. Selbst nach der desaströse­n Europameis­terschaft im vergangene­n Jahr konnte man sich nicht zu einem Wechsel durchringe­n. Es ist auf der einen Seite ehrenwert, Geduld zu bewahren. Doch in diesem Fall war so offensicht­lich, dass es keine Besserung geben würde, dass ein entschloss­eneres Handeln angebracht gewesen wäre. Da Frauenfußb­all hierzuland­e indes nicht im Blick einer breiteren Öffentlich­keit steht, sah man offenbar nicht die Dringlichk­eit. Es ist zu hoffen, dass der DFB das Thema künftig wieder ein wenig ernster nimmt. Diesen Eindruck konnte man zuletzt nicht immer gewinnen.

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