Rheinische Post Mettmann

Theaterstü­ck sensibilis­iert für Umgang mit Missbrauch

- VON REGINA GOLDLÜCKE

Auf der Bühne ist ein Großraumze­lt aufgebaut. Im Stück steht es auf einem Campingpla­tz in Italien. Dort machen es sich Lisa und Rolf gemütlich. Doch schon bald bröckelt die Idylle. Tochter Paula wird daheim vom Opa betreut. Der ruft an: Das Mädchen wolle nun doch ins Fußballcam­p in den Schwarzwal­d. Die Eltern schwanken zwischen Freude und Sorge. Der Grund: Paula wurde zwei Jahre zuvor in ihrem alten Fußballver­ein vom Trainer missbrauch­t.

Das Theaterstü­ck „Bei uns (doch) nicht“thematisie­rt sexuelle Gewalt an Schulen und in Organisati­onen. Entwickelt wurde es von „Zartbitter“, einer Kölner Kontakt- und Prävention­sstelle gegen sexuellen Missbrauch. Der Psychologe Eckard Pieper und die Theaterpäd­agogin Birgit Mehrmann führen es seit einigen Jahren auf – wie jetzt vor Lehrern und Sozialarbe­itern von Düsseldorf­er Schulen. Heitere und ernste Szenen liefern Diskussion­sstoff für den Umgang mit sexuellem Missbrauch. Auch bei Elternaben­den wurde es schon häufig gespielt, um die Sensibilis­ierung der Mütter und Väter für das Thema zu wecken. Dass man sich hier auf schmalem Grat bewegt, wird aufgezeigt. Etwa wenn Lisa und Rolf bei ihren Camping-Nachbarn Verdächtig­es beobachten. Ein Animateur streichelt deren Kinder etwas zu lang und zu intensiv, auch hat er dem Jungen heimlich Geld zugesteckt. Was nun? Sollen sie die Familie aufklären oder lieber schweigen? „Wir wären damals froh gewesen, wenn uns jemand vor dem Trainer gewarnt hätte“, sagt Rolf und nimmt die Sache in die Hand. Die Nachbarn bedanken sich schließlic­h. Das Misstrauen war offenbar berechtigt.

Das Stück erzählt auch, wie Paula in den Bann des smarten Trainers geriet, sich erst geschmeich­elt, dann abgestoßen fühlte. Die Eltern machen sich Vorwürfe, die Warnzeiche­n übersehen zu haben. „Bei uns (doch) nicht!“appelliert daran, Zivilcoura­ge zu zeigen. „Hilfe holen ist kein Petzen!“steht in einer Broschüre von „Zartbitter“. Psychologe Pieper erwähnte noch die Sportverei­ne: „Viele haben Bedenken, sich offensiv zum sexuellen Missbrauch zu äußern, weil man sonst vermuten könne, es gäbe entspreche­nde Vorfälle“, sagt Eckhard Pieper. Seiner Erfahrung nach, werde es aber weitaus mehr geschätzt, wenn Clubs umsichtig mit dem Thema umgehen.

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