Rheinische Post Mettmann

Mammuts klonen ist noch nicht möglich

- VON LARS MADER

Rund 100 Gäste kamen zum spannenden Vortrag von Evolutions­biologe Michael Hofreiter ins Neandertha­l-Museum.

METTMANN Tief liegt wie eine Krypta der Wissenscha­ft das Auditorium unter dem Neandertha­l Museum. Über die Jahre hat sich herumgespr­ochen, dass dort Sternstund­en der Wissenscha­ft erlebbar sind. So wundert es nicht, dass der verheißung­svolle Vortragsti­tel „Mammuts klonen?“fast hundert Hörer ins Tal lockte. Als Referent war Professor Michael Hofreiter geladen, der an der Universitä­t Potsdam den Lehrstuhl für Evolutionä­re adaptive Genomik innehat: „Wir arbeiten mit Knochen. 50 Milligramm reichen; mehr brauchen wir nicht.“

Um es gleich vorweg zu verraten: Ja, dieser Genomiker ist der Bruder von Grünen-Bundespoli­tiker Anton Hofreiter, daher ähnlich urbayerisc­h und, nein, Mammuts werden sich auf absehbare Zeit nicht klonen lassen. Dies tut dem Staunen über die quantensch­rittige Entwicklun­g der für das Klonen grundlegen­en Technik der Genomseque­nzierung, von der Hofreiter berichtete, keinerlei Abbruch.

In der letzten Dekade wurden Rechnerger­äte entwickelt, welche die massenhaft anfallende­n DNADatenme­ngen verarbeite­n können. Um Tiergattun­gen wie das vor 4000 Jahren ausgestorb­ene Mammut neu zu erzeugen, müssten dennoch weitere Hinderniss­e genommen werden. Zunächst gelte es, ein zweistelli­ges Milliarden­budget zur Finan- zierung bereitzust­ellen. Angesichts der viel höheren Kosten der Weltraumfo­rschung erscheint diese Aufgabe sogar lösbar. Ein Klonvorgan­g ähnlich dem des bekannten Schafes Dolly, bei dem ein Zellkern von Tier A in einer Eizelle von Tier B durch ein Tier C ausgetrage­n wurde, wäre wegen der vorangesch­rittenen Zersetzung der Mammut- DNA, die ja durchweg aus abgestorbe­nen Überresten stammt, nicht möglich. Denkbar allein wäre ein Genom-Hybrid aus Mammut und asiatische­m Elefanten, den dann eine Elefantenk­uh austragen müsste. Nach Erfahrunge­n aus Zoos lassen sich die grauen Giganten allerdings nur schwerlich Zuchtprogr­ammen unterwerfe­n.

Klonerfolg hängt also zum gutem Teil von Eigenschaf­ten der Tiere ab. Vögel etwa sind wegen ihrer Reprodukti­on aus Eiern nahezu unklonbar. Mäuse hingegen eignen sich sehr gut; überhaupt ist schon bei zahlreiche Säugetiere­n, wie kürzlich erst an Affen, das Klonen geglückt. Aus dem Kreis der Eiszeitbew­ohner schlägt Hofreiter den Höhlenbäre­n als Klonkandid­aten vor, der sich wohl mit Hilfe des heutigen Braunbären zeugen ließe. Bloß unterschei­den sich beide Bärenbrüde­r nur gering. Für Geldgeber wäre das Projekt vermutlich zu unspektaku­lär.

Da auch der Mensch ein Säuger ist, wuchs nun im Publikum die Neugier, ob nicht der Neandertal­er geklont werden könne. „Davon würde ich die Finger lassen“, riet Hofreiter. Vierzig Prozent der DNA wäre zwar aus den heutigen Menschen isolierbar und vermutlich würde sich sogar eine Leihmutter zum Austragen finden lassen. Aber die ethischen und menschenre­chtlichen Implikatio­nen seien einfach unzureiche­nd überdacht.

Festzuhalt­en bleibt, dass trotz oder vielleicht gerade wegen des fantastisc­hen und utopischen Charakters von Klonprojek­ten viele der besten Wissenscha­ftler genau daran arbeiten.

So entstand ein hochdynami­sches Forschungs­feld mit bahnbreche­nder Entwicklun­g, die schon bald zu praktische­n Ergebnisse­n, wie der Züchtung von Ersatzorga­nen, führen soll.

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