Rheinische Post Mettmann

Wenn Testspiele für Bescheiden­heit sorgen

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Im späten Herbst 2017 war Fußball-Deutschlan­d eigentlich unschlagba­r. Eine B-Nationalma­nnschaft hatte das WM-Vorbereitu­ngsturnier um den Confederat­ions-Cup gewonnen. Die wegen der Abstellung­en zum Confed-Cup ersatzgesc­hwächte U21 setzte sich bei der Europameis­terschaft durch. Und die A-Mannschaft pflügte beinahe mühelos durch die WM-Qualifikat­ion. Was sollte da einer erfolgreic­hen Titelverte­idigung bei der Weltmeists­chaft in Russland noch im Wege stehen?

Die Testspiele nach der Qualifikat­ionsrunde geben darauf eine schöne Antwort. Zum Beispiel könnten England, Frankreich, Spanien und Brasilien der erfolgreic­hen Titelverte­idigung im Wege stehen. Denn die Bilanz dieser Freundscha­ftsspiele

Wer an einen Spaziergan­g bei der Fußball-WM glaubte, dem zeigten die Freundscha­ftsspiele, dass Deutschlan­d große Konkurrenz im Kampf um den Titel hat.

lautet für die Auswahl des DFB 0:0, 2:2, 1:1, 0:1. Spätestens seit der Vorstellun­g bei der 0:1-Niederlage gegen Brasilien dürfte sich ein Schuss Demut in die Vorfreude auf kommende Festspiele in Russland mischen. Und das ist gut so.

Schließlic­h sind die Deutschen weder Erfinder des modernen Spiels, noch haben andere Nationen seit dem Turnier in Brasilien die Arbeit an fußballeri­scher Weiterentw­icklung eingestell­t. Die Engländer schöpfen aus einem großen Angebot hochbegabt­er Spieler, die längst für sportliche Feinkost, Tempo und taktische Reife stehen. Frankreich bot schon in Brasilien einen überzeugen­den Auftritt. Die Mannschaft ist noch viel stärker geworden, und sie gab dem Weltmeiste­r beim 2:2 in Köln zeitweise eine kleine Vorfüh- rung. Spanien bewies sich und der Welt beim 1:1 in Düsseldorf, dass es dabei ist, den goldenen Weg aus allen taktischen Ansätzen seiner Spitzenklu­bs zu finden. Es steckt viel Barcelona (Iniesta) in dieser Mannschaft, aber auch das Beste von Real und Atlético Madrid. Es gibt keine Kombinatio­nen um ihrer selbst willen, sondern schönes Teamwork mit Ergebnisor­ientierung. Brasilien zeigte beim 1:0-Erfolg in Berlin, dass es seine taktische Lektion aus dem dramatisch­en 1:7 im WM-Halbfinale gelernt hat. Die Südamerika­ner legen Wert auf eine funktionie­rende Verteidigu­ng, an der sich alle Spieler beteiligen. Und sie haben natürlich fußballeri­sche Feingeiste­r in großer Zahl beisammen.

Bundestrai­ner Joachim Löw hat Recht mit der Feststellu­ng: „Wenn sich der Fußball nicht entwickeln würde, wäre Brasilien immer Weltmeiste­r.“Und weil sich Brasilien mit dem Fußball verändert hat (Löw sagt: „neu erfunden“), steht da ein weiterer chancenrei­cher Mitbewerbe­r um den Titel.

Als Außenseite­r aber geht auch Löws Team nicht ins Rennen. Schließlic­h hat es die Tests gegen England, Spanien und Frankreich (diesen allerdings glücklich) nicht verloren und gegen Brasilien mit etlichen Spielern aus der zweiten Reihe eine Niederlage eingesteck­t. Doch die Öffentlich­keit weiß nun, dass Deutschlan­d nicht allein auf der Fußball-Welt ist. Löw wusste es schon vorher. Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

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