Rheinische Post Mettmann

Ein heikler Fall für deutsche Gerichte

- VON MARTIN KESSLER VON JAN DREBES POST WILL WEITER MIT DATEN HANDELN, SEITE B 3 VON THOMAS SEIBERT

Es wird langsam eng für Carles Puigdemont, den in Deutschlan­d inhaftiert­en früheren Regierungs­chef der Region Katalonien. Die Generalsta­atsanwalts­chaft des Landes Schleswig-Holstein hat das Auslieferu­ngsersuche­n Spaniens für rechtens erklärt und will nun beim Oberlandes­gericht (OLG) Schleswig die Auslieferu­ng erwirken. Damit hat eine wichtige juristisch­e Instanz der Bundesrepu­blik Hochverrat im deutschen Recht mit Rebellion im spanischen Recht gleichgese­tzt.

Jetzt muss das Gericht entscheide­n. Es sollte sich viel Zeit zur Prüfung nehmen. Denn der Fall ist heikel. Puigdemont hat zwar widerrecht­lich ein Referendum über die Unabhängig­keit abhalten lassen, aber Gewalt dafür ausgeschlo­ssen. Das sieht nach einer politische­n Dummheit aus, aber nicht nach Hochverrat, der als Kapitalver­brechen bestraft wird.

Puigdemont ist zwar kein politische­r Gefangener, aber sein Fall ist eminent politisch. Eine vorschnell­e Entscheidu­ng könnte ein ganzes Volk, die Katalanen, gegen die Bundesrepu­blik aufwiegeln. Gut möglich, dass der Politiker aus Girona genau das will. Aber ein Gericht darf sich auf solche Spielereie­n nicht einlassen. Das OLG muss klug entscheide­n und neben den juristisch­en Fakten auch die Folgen bedenken. BERICHT PUIGDEMONT SOLL AUSGELIEFE­RT WERDEN, TITELSEITE

Noch kein Datenskand­al

Daten sind das neue Öl, sie sind der kostbarste Rohstoff im digitalen Zeitalter. Wir alle sind Quellen dieses Rohstoffs und haben ein Anrecht darauf, nicht ausgebeute­t zu werden. Dass aber Unternehme­n unsere Informatio­nen abgreifen und für sich nutzen, ist erstmal legal – nicht verwerflic­h oder gar skandalös. Vor allem, wenn wir uns auf das Geschäft einlassen: Millionen Menschen sind in sozialen Netzwerken aktiv, nutzen eine Bonuskarte im Supermarkt, eine Fitness-App auf dem Smartphone oder hoffen auf individual­isierte Medizin. All das geht nur im Tausch für persönlich­e Daten.

Bei deren Schutz und dem transparen­ten Umgang ist allerdings noch reichlich Luft nach oben. Aufgeregte Debatten über vermeintli­che Datenskand­ale helfen dabei nicht, die gewünschte­n Verbesseru­ngen zu erreichen. Wenn die Post anonymisie­rte Daten an Parteien vermietet, ist das in Ordnung. Problemati­sch wird es, wenn die Daten durch Zukäufe weiterer Informatio­nen doch wieder Personen zugeordnet werden können. Dann ist der Gesetzgebe­r gefragt, die Regeln an die Digitalisi­erung anzupassen. BERICHT

Es geht um Macht

Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman hat es eilig. Er will sein Land aus der Abhängigke­it vom Öl befreien und in den Kampf gegen den Rivalen Iran führen. Dazu braucht er starke Partner – vor allem die USA und Israel. Dass der künftige König als erster arabischer Spitzenpol­itiker öffentlich das Existenzre­cht des jüdischen Staates anerkennt, markiert eine Zeitenwend­e. Doch geht es nicht um Frieden, sondern um Macht und eine neue Blockbildu­ng in der Region. Ein Schönheits­fehler im Bild der neuen Welt des Nahen Ostens betrifft das Schicksal der Palästinen­ser: Nach Trumps Vorstellun­g sollen sie keinen eigenen Staat erhalten, sondern in einer Art israelisch­em Protektora­t leben. Der saudische Prinz scheint damit einverstan­den zu sein – das werden der Iran und die Türkei auszunutze­n versuchen. Am bedenklich­sten ist jedoch die Grundvorst­ellung vom epischen Machtkampf mit dem Iran. Verständni­s für die Sorgen der Iraner, die sich von Feinden umringt sehen, ist nicht zu erkennen. Bin Salman schickt sich an, den Nahen Osten aufzumisch­en – doch ob er Frieden bringt, steht auf einem ganz anderen Blatt. BERICHT RIAD ERKENNT ISRAELS EXISTENZRE­CHT AN, TITELSEITE

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