Trump hat keine Strategie für Syrien
Es gibt wahrhaftig gute Gründe, militärisch gegen Syriens Diktator Baschar al Assad vorzugehen, der vor keiner Gräueltat zurückschreckt, um sich an der Macht zu halten. Wenn nicht einmal der wiederholte Einsatz geächteter Chemiewaffen gegen Zivilisten einen Vergeltungsschlag rechtfertigt, was dann? Doch wenn ein solcher Angriff Assad wirklich davon abschrecken sollte, weiterhin Menschen wie Ungeziefer zu vergasen, dann dürfte er sich nicht auf die symbolische Zerstörung zuvor geräumter Kasernen oder leerer Flugzeughangars beschränken – er müsste gezielt die militärischen Nervenzentren des Regimes angreifen. Es wäre ein echtes Eingreifen in den syrischen Krieg.
Man darf bezweifeln, ob US-Präsident Donald Trump zu solcher Entschlossenheit wirklich fähig ist. Hinter seiner Angriffsankündigung – verbreitet per Twitter im Tonfall eines Halbstarken – steckt alles Mögliche, nur keine Strategie für Syrien. Trump, das hat er immer wieder zu erkennen gegeben, hat das amerikanische Engagement in Nahost gründlich satt. Und weil Assad sowie seine russischen und iranischen Verbündeten das ganz genau wissen, werden sie wohl einfach warten, bis der Pulverdampf sich verzogen hat. Und dann munter weitermorden. BERICHT TRUMP KÜNDIGT ANGRIFF AUF SYRIEN AN, TITELSEITE
Wann geht das eigentlich los mit dem Regieren? Die neue Ministerriege trifft sich zur ersten Kabinettsklausur, und heraus kommt so gut wie nichts. Der Wille zur Einigung sei da, melden Kanzlerin und Vizekanzler. Das ist wenig, viel zu wenig. Denn das muss eine Selbstverständlichkeit sein für die Regierung der größten Volkswirtschaft in Europa, die den Ruf des politischen und wirtschaftlichen Stabilitätsankers zu verteidigen hat, die jetzt über ihre Position im Syrien-Konflikt entscheiden muss und die aus dem Rechtsruck im Land durch die AfD lernen und es besser machen will. Und es reicht nicht, wenn Finanzminister Scholz sagt, dass sie das mit der soliden Haushaltspolitik wohl hinkriegen werden. Das ist ja wohl das Mindeste, wenn die Kassen voll sind und die Wirtschaft boomt. Merkel und Scholz haben in Meseberg keinen großen Wurf erkennen lassen und auch keine große Lust auf diese große Koalition. Wer selbst nicht begeistert ist, kann andere nicht mitreißen. Das wäre nach dem holprigen Start der Regierung jetzt aber mal nötig – und auch möglich – gewesen. Chance verpasst. BERICHT
AChance verpasst
Druck ohne Umweg
ls es vor etwas mehr als einem Jahr darum ging, die vielen in Deutschland lebenden türkischen Staatsbürger dazu zu bringen, ihre Heimat in einen präsidial geprägten Staat zu verwandeln, setzte Recep Tayyip Erdogan ganz auf Krawall. Sein Justizminister beklagte „Faschismus“in der Bundesrepublik, der Außenminister glaubte in Deutschland gar einen „geheimdienstlich-mafiös geprägten“Staat zu erkennen.
Wortgeklingel dieser Art ist das eine. Amtsleiter einer deutschen Großstadt mit dem Schreiben eines Vizekonsuls unter Druck zu setzen, um unliebsame Schmierereien entfernen zu lassen, die jeder deutsche Würdenträger per Gesetz schließlich genauso hinnehmen muss, hat jedoch eine andere Qualität.
Die Botschaft ist beunruhigend: Der türkische Staat blendet die politische Ebene aus, um ohne Umweg Druck auf ausführende deutsche Behörden zu machen. Erdogan träumt davon, die Türkei zu einer Weltmacht zu formen. Mit Vorgehensweisen wie jetzt in Leverkusen entfernt er sich jedoch immer weiter von Europa. BERICHT