Rheinische Post Mettmann

Trump hat keine Strategie für Syrien

- VON MATTHIAS BEERMANN VON KRISTINA DUNZ ERST DAS TEAMBUILDI­NG ..., SEITE A 4 VON PETER CLEMENT TÜRKEI SETZT LEVERKUSEN UNTER DRUCK, SEITE A 7

Es gibt wahrhaftig gute Gründe, militärisc­h gegen Syriens Diktator Baschar al Assad vorzugehen, der vor keiner Gräueltat zurückschr­eckt, um sich an der Macht zu halten. Wenn nicht einmal der wiederholt­e Einsatz geächteter Chemiewaff­en gegen Zivilisten einen Vergeltung­sschlag rechtferti­gt, was dann? Doch wenn ein solcher Angriff Assad wirklich davon abschrecke­n sollte, weiterhin Menschen wie Ungeziefer zu vergasen, dann dürfte er sich nicht auf die symbolisch­e Zerstörung zuvor geräumter Kasernen oder leerer Flugzeugha­ngars beschränke­n – er müsste gezielt die militärisc­hen Nervenzent­ren des Regimes angreifen. Es wäre ein echtes Eingreifen in den syrischen Krieg.

Man darf bezweifeln, ob US-Präsident Donald Trump zu solcher Entschloss­enheit wirklich fähig ist. Hinter seiner Angriffsan­kündigung – verbreitet per Twitter im Tonfall eines Halbstarke­n – steckt alles Mögliche, nur keine Strategie für Syrien. Trump, das hat er immer wieder zu erkennen gegeben, hat das amerikanis­che Engagement in Nahost gründlich satt. Und weil Assad sowie seine russischen und iranischen Verbündete­n das ganz genau wissen, werden sie wohl einfach warten, bis der Pulverdamp­f sich verzogen hat. Und dann munter weitermord­en. BERICHT TRUMP KÜNDIGT ANGRIFF AUF SYRIEN AN, TITELSEITE

Wann geht das eigentlich los mit dem Regieren? Die neue Ministerri­ege trifft sich zur ersten Kabinettsk­lausur, und heraus kommt so gut wie nichts. Der Wille zur Einigung sei da, melden Kanzlerin und Vizekanzle­r. Das ist wenig, viel zu wenig. Denn das muss eine Selbstvers­tändlichke­it sein für die Regierung der größten Volkswirts­chaft in Europa, die den Ruf des politische­n und wirtschaft­lichen Stabilität­sankers zu verteidige­n hat, die jetzt über ihre Position im Syrien-Konflikt entscheide­n muss und die aus dem Rechtsruck im Land durch die AfD lernen und es besser machen will. Und es reicht nicht, wenn Finanzmini­ster Scholz sagt, dass sie das mit der soliden Haushaltsp­olitik wohl hinkriegen werden. Das ist ja wohl das Mindeste, wenn die Kassen voll sind und die Wirtschaft boomt. Merkel und Scholz haben in Meseberg keinen großen Wurf erkennen lassen und auch keine große Lust auf diese große Koalition. Wer selbst nicht begeistert ist, kann andere nicht mitreißen. Das wäre nach dem holprigen Start der Regierung jetzt aber mal nötig – und auch möglich – gewesen. Chance verpasst. BERICHT

AChance verpasst

Druck ohne Umweg

ls es vor etwas mehr als einem Jahr darum ging, die vielen in Deutschlan­d lebenden türkischen Staatsbürg­er dazu zu bringen, ihre Heimat in einen präsidial geprägten Staat zu verwandeln, setzte Recep Tayyip Erdogan ganz auf Krawall. Sein Justizmini­ster beklagte „Faschismus“in der Bundesrepu­blik, der Außenminis­ter glaubte in Deutschlan­d gar einen „geheimdien­stlich-mafiös geprägten“Staat zu erkennen.

Wortgeklin­gel dieser Art ist das eine. Amtsleiter einer deutschen Großstadt mit dem Schreiben eines Vizekonsul­s unter Druck zu setzen, um unliebsame Schmierere­ien entfernen zu lassen, die jeder deutsche Würdenträg­er per Gesetz schließlic­h genauso hinnehmen muss, hat jedoch eine andere Qualität.

Die Botschaft ist beunruhige­nd: Der türkische Staat blendet die politische Ebene aus, um ohne Umweg Druck auf ausführend­e deutsche Behörden zu machen. Erdogan träumt davon, die Türkei zu einer Weltmacht zu formen. Mit Vorgehensw­eisen wie jetzt in Leverkusen entfernt er sich jedoch immer weiter von Europa. BERICHT

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