Machtkampf in der Formel 1
Die aktuelle WM ist gerade zwei Läufe alt, da diskutiert die Rennserie über ihre Zukunft. Team und Eigner Liberty Media streiten über Einsparungen und Regeländerungen. Ein Rückzug von Ferrari und Mercedes ist nicht auszuschließen.
SAKHIR (sid) Es geht um Einfluss, Erfolg und das große Geld. Der Machtkampf zwischen den Top-Teams der Formel 1 und dem neuen Eigner Liberty Media hat beim Großen Preis von Bahrain an Schärfe gewonnen. Vor allem die geplante Budgetobergrenze und die neue Einnahmenverteilung bergen Zündstoff – der Motorsport-Königsklasse stehen unruhige Zeiten bevor.
Nach dem zweiten Saisonrennen steht fest: Die Formel 1 wird ihr Gesicht entsprechend den veröffentlichten Reformplänen zur Saison 2021 stark verändern, womöglich zu einem hohen Preis. Ein Rückzug der Zugpferde Ferrari und Mercedes ist nicht auszuschließen.
„Es gibt Dinge, die nahezu unerreichbar scheinen“, sagte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff am Samstagabend. Wolff spielte dabei vor allem auf die geplante Kostendeckelung an, die künftig bei 150 Millionen Euro liegen soll. Wichtige Posten wie Fahrergehälter oder Marketingausgaben sollen zwar nicht in die Rechnung eingehen. Personaleinsparungen wären dennoch kaum zu verhindern. Die Liberty-Pläne würden erhebliche Einschnitte für die großen Rennställe bedeuten. Die Kosten für die Topteams bewegen sich momentan geschätzt zwischen 300 und 400 Millionen Euro pro Jahr.
„Es ist gut zu wissen, wie Libertys Vision aussieht“, sagte Wolff, der eine „offene Diskussion“führen und einen „Kompromiss“will: „Es ist klar, dass wir alle in der gleichen wirtschaftlichen Realität leben. Wir müssen die Kosten eingrenzen.“Formel-1-Sportchef Ross Brawn kündigte am Wochenende eine „ernsthafte“Debatte an. Wie flexi- bel sich Liberty letztlich wirklich zeigen wird, bleibt allerdings abzuwarten.
Ungewöhnlich still blieb es vielleicht auch deshalb bei Ferrari. Die Scuderia hielt sich mit Kommentaren zu den Liberty-Plänen zurück, dürfte aber wenig von den angedachten Reformen halten. FiatChrysler-Chef Sergio Marchionne hatte in den vergangenen Monaten mehrmals offen mit dem Ausstieg des ältesten und erfolgreichsten Formel-1-Rennstalls gedroht, sollte sich das Reglement zur Saison 2021 zu stark verändern.
„Wenn wir den Sandkasten so stark verändern, dass man ihn nicht mehr als Sandkasten erkennt, dann möchte ich nicht mehr darin spielen“, hatte Marchionne (65) im vergangenen Winter gesagt. FerrariTeamchef Maurizio Arrivabene, der ebenfalls wenig von der Gleichmacherei der Teams hält, betonte, man müsse die Drohungen „ernst nehmen“.
Ferrari ist eine mächtige Institution in der Formel 1. Die Roten besitzen das größte Fan-Potenzial, der Imagefaktor für die Marke ist enorm. Ihre Historie bringt der Scuderia zudem jährlich hohe Bonuszahlungen ein. Diese waren noch mit dem ehemaligen Chefpromoter Bernie Ecclestone ausgehandelt worden. Der neue Formel-1-Boss Chase Carey will den Ferrari-Bonus zumindest reduzieren. Die Italiener dürften dies nicht kampflos hinnehmen.
Die anstehenden Verhandlungen dürften zäh und schwierig werden. Nicht nur die Finanzierung soll neu geregelt werden, Änderungen sind auch bei den Motoren geplant. Diese müssten „günstiger, einfacher, lauter und leistungsstärker“sein. Auch müssten die Autos „rennfähiger“werden, um mehr Überholmanöver zu ermöglichen. Vor allem die „Fähigkeiten des Fahrers“sollen wieder über den Sieg entscheiden, nicht die Technik.