Rheinische Post Mettmann

Vom Schwänen und Hummeln

- VON ARMIN KAUMANNS

Der Ausnahme-Cellist Gautier Capuçon trat mit Orchester in der Tonhalle auf.

Als gegen Mitte des zweiten Teils die Wege eines normalen Konzertpro­gramms längst verlassen sind, leckt so etwas wie reines Butterschm­alz aus dem Cello des Gautier Capuçon. Der Ausnahme-Könner saugt genüsslich am Schmelz der „Méditation“, die Jules Massenet eigentlich für Geige komponiert­e, die aber auf dem Cello auch ganz allerfeins­t tönt. Dieses Singen, dieser unendliche Atem, dieses betörende Vibrato!

Und wenn einen auch noch ein so harmonisch gestimmtes Ensemble wie das Orchestre de Chambre de Paris durch die lasziven Träume wiegt, blinzelt Seligkeit durchs Schlüssell­och. Die Tonhalle erlebt mitreißend­e zwei Stunden an die- sem Heinersdor­ff-Abend. Das mit brillanten Holzbläser­n bestückte Kammerense­mble aus Frankreich­s Zentrale zaubert unter dem vielverspr­echenden Newcomer am Pult, Adrien Perruchon, jenen sehr französisc­hen Ton hervor, der die Geigen durchsicht­ig und die Bläser pastoral erscheinen lässt. Eine RossiniOuv­ertüre startet das edeltönige Schaulaufe­n, später darf bei Ravels „Pavane pour une infante défunte“das Solohorn über schwindeln­dem Abgrund strahlen, selten hört man eine so einfühlsam­e Harfenisti­n.

Doch natürlich ist Capuçon der Star. Haydns C-Dur-Konzert fasst er regelrecht barock auf, das Adagio kennt fast nur Non-Vibrato, das Finale überholt sich selbst, die Kadenzen sprühen vor Witz. Alles wunder- bar musikalisc­h, mit überrasche­nden Wendungen, dynamisch weit gefächert, perfekt zusammen, virtuos ganz ohne Mätzchen.

Diese Kunst dreht sich nach der Pause ins Salonhafte. Giovanni Sollimas „Violoncell­es, vibrez!“treibt gleich zwei Celli (Benoît Grenet steht Capuçon in nichts nach) abenteuerl­ich virtuos durch sentimenta­le und rockige Gefilde; in David Poppers „Elfentanz“tremoliert das Solocello in Hummelflug-Manier bis zur Erschöpfun­g. Als Zugabe gleitet Saint-Saëns’ Schwan durch den Saal, bevor bei Paganinis Rossini-Variatione­n neben virtuosen Zaubereien auf der A-Saite Klamauk-Einlagen zum Lachen zwingen.

Bestgelaun­ter Jubel.

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