Der grenzenlos Umtriebige
Mit nur 28 Jahren ist der schwedische DJ und Produzent Avicii gestorben. Vor zwei Jahren zog er sich schon aus gesundheitlichen Gründen von der Live-Bühne zurück. Ihm zu Ehren spielten nun sogar Kirchenglocken seine Hits.
STOCKHOLM (dpa) Mit Bestürzung haben Kollegen und Fans des schwedischen DJs und Produzenten Avicii („Wake Me Up“) auf den Tod des 28-Jährigen reagiert. „Mir fehlen die Worte“, schrieb der deutsche DJ Felix Jaehn (23) bei Twitter. Der Franzose David Guetta (50) twitterte, die Welt habe einen unglaublich talentierten Musiker verloren. Auch Madonna bekundete ihre Trauer – wie auch Hunderttausende Fans in den Sozialen Netzwerken.
Tim Bergling, wie Avicii mit bürgerlichem Namen hieß, war am Freitag in Maskat, der Hauptstadt des Oman, tot aufgefunden worden, wie seine Sprecherin mitteilte. „Die Familie ist am Boden zerstört, und wir bitten alle, ihr Bedürfnis nach Privatsphäre in dieser schwierigen Zeit zu respektieren.“Die Polizei in dem arabischen Staat geht nicht von einer Straftat aus. „Wir haben alle Informationen, wir wissen, was geschah, aber wir werden es nicht an die Öffentlichkeit geben“, so die Polizei und ergänzt, dass nicht nach Verdächtigen gesucht werde.
Schwedens Prinz Carl Philip und Prinzessin Sofia erklärten: „Er machte unsere Hochzeit mit seiner fantastischen Musik unvergesslich.“Avicii hatte auf der Hochzeit 2015 gespielt. Ministerpräsident Stefan Löfven postete auf Instagram: „Er war einer von Schwedens größten Musikern der heutigen Zeit.“
Das Grenzenlos-Umtriebige machte ihn aber auch krank. Auf seinen Touren um die Welt, mit Auftritten von Miami bis Shanghai, trank er zu viel. Elf Tage verbrachte er 2012 im Krankenhaus, seine Bauchspeicheldrüse hatte sich entzündet. Ein Jahr späten rieten ihm Ärzte, seine Gallenblase müsse ent- fernt werden. Avicii aber produzierte weiter, arbeitete an seinem ersten Album, „True“, einem Top-10-Erfolg in mehr als einem Dutzend Ländern. Im März 2014 entnahmen Ärzte dann dem damals 24-Jährigen den Blinddarm und die Gallenblase.
„In diesem Geschäft ist es schwer, Nein zu sagen“, erklärte er seine Rastlosigkeit später dem „Billboard“-Magazin. „Man will alles spielen und überall sein.“2016 verkündete er, von nun an nicht mehr live aufzutreten. Er wolle dort wieder Musik machen, „wo das alles am meisten Sinn ergibt“: im Studio. Wie Brian Wilson, der angstgetriebene, genialische Liedschreiber der Beach Boys, der die Bühne schon mit Anfang 20 nicht mehr ertrug.
Avicii hörte 2016 auf, ein DJ zu sein, und wurde noch mehr der Musikmacher, als der er sich immer sah. Im August 2017 erschien ein neues Album mit sechs Stücken. „Avicii ist zurück“, hieß es in einer Kritik, „erfrischt, neu aufgeladen.“
In der Stockholmer Innenstadt versammelten sich am Samstag Hunderte Fans, um an ihn zu erinnern. Nach einer Schweigeminute tanzten sie zu seiner Musik. Discos und Nachtclubs hatten um Mitternacht eine Schweigeminute eingelegt. Kirchen in den Niederlanden ehrten den DJ mit Glockenspiel-Interpretationen: Vom Dom in Utrecht erklang unter anderem „Wake Me Up“und „Without You“. Von der Liebfrauen-Kirche in Amersfoort war „Hey Brother“zu hören.
„Ich habe großes Interesse für verschiedene Dinge, aber zu wenig Zeit, dem nachzugehen“, hatte Avicii zu seinem Rücktritt erklärt. Erst vor wenigen Tagen schrieb er bei Facebook, er fühle sich geehrt, für die Billboard Music Awards 2018 nominiert zu sein. Auf keinen Fall solle man die Show im Mai verpassen.