Rheinische Post Mettmann

So kreativ ist die Region

- VON HEIKE BARTELS UND DANIELE FUNKE

Bei den offenen Ateliers konnten sich Neugierige am Wochenende jede Menge Anregungen holen.

KREIS METTMANN Wo sich bis vor wenigen Monaten noch die Gäste des Restaurant­s Lindenheid­e verwöhnen ließen, stellten am Wochenende bei der Aktion Neanderlan­d-Tatorte drei Künstlerin­nen aus. „Es war unsere gemeinsame Idee, die Räume, so lange sie leer stehen, für eine gemeinsame Ausstellun­g zu nutzen“, erzählt die Künstlerin Anna Schriever aus Mettmann, die auch die Eigentümer­in des Gebäudes ist.

Die übrig gebliebene­n Bänke wurden schon fortgeräum­t, auch mit dem Renovieren hat sie bereits angefangen. Aber das gehe alles nur Schritt für Schritt, erzählt sie. Ihre Bilder sind Landschaft­en oder Personen, die etwas verwischt erscheinen. Je nachdem, ob man nah dran oder weiter weg steht, erkennt man unterschie­dliche Dinge.

„Jeder kann die Bilder für sich interpreti­eren“, erklärt sie. Diese Offenheit mache das Malen spannend. Auch wisse sie am Anfang noch nicht, was aus Farben und Strukturen am Ende entstehe. „Das kann jeder selbst mal ausprobier­en“, rät sie. „Einfach mal den Kopf ausschalte­n, Skizzen zeichnen und gucken was passiert. Das geht auch vor dem Fernseher.“

Goldschmie­din Vivien Reig-Atmer, die ein Atelier in Düsseldorf hat, zeigte Ringe aus Feingold und anderen Metallen mit unterschie­dlichen eingefasst­en Edelsteine­n, die teilweise auch durch ihre Größe auffielen. „Kräftige, satte Formen mag ich schon“, sagt die Künstlerin. Zu filigran liege ihr nicht. „Im kleinen Medium Schmuck bin ich schon sehr groß“, sagt sie lächelnd.

Das zeigen auch die Ketten mit Lederbände­rn und einem großen dunklen Achat als Anhänger. Hemmungen, solche recht auffällige­n Schmuckstü­cke zu tragen, müsse keiner haben, meint sie. „Es kommt immer darauf an, wie man sich selbst sieht.“Wenn man sich an ein Schmuckstü­ck gewöhnt habe, werde es ein Teil von einem selbst, sagt Reig-Atmer.

Ihre Mutter, Christine Atmer de Reig, töpfert seit über 50 Jahren und stellte keramische Einzelstüc­ke in verschiede­nen Farben und Formen aus. Obwohl die Ausstellun­g sich gut in die Räume einfügt, hofft Anna Schriever, dass es in absehbarer Zeit wieder einen Restaurant-Betrieb geben wird.

Dass Künstler ihre Werke eigentlich gar nicht herzeigen wollen, ist eher selten – die Sawatzkis gehören dazu. Daher war diese kleine Ausstellun­g im offenen Atelier der bergischen Diakonie die erste, die Vater Michael und Sohn Arne je gemacht haben. Fast ein wenig verlegen ste- hen sie nebeneinan­der und können mit dem vielen Lob der zahlreiche­n Vernissage­gäste irgendwie so gar nicht so richtig umgehen. „Wir wollen niemanden damit beeindruck­en“, erklärt der 27-jährige Arne, der als Sozialarbe­iter im Kinderund Jugendbere­ich der Diakonie tätig ist. Er hat ein Faible für Lichtobjek­te, stellt sie aus allen verfügbare­n Materialie­n her, gerne aus Holz in Kombinatio­n mit Stein oder Draht. „Mein verstorben­er Großvater Gustav, dessen Exponate wir hier auch zeigen, hat sehr viel mit Ton gearbeitet, sehr viele bildhaueri­sche Sachen gemacht. Auch er hat niemandem groß davon erzählt, wir haben die meisten Kunstwerke erst nach seinem Tod im Keller entdeckt“, erzählt Arne Sawatzki. Michael Sawatzki liebt den Marmor, seit zwölf Jahren beschäftig­t auch er sich mit der Bildhauere­i, bietet Kurse im offenen Atelier an. „Ich habe damals von meiner Frau einen Workshop geschenkt bekommen und das hat mich so fasziniert, dass ich nie wieder aufgehört habe.“

Er zeigt auf ein rundliches, tierförmig­es Stück Stein. „Das ist mein Erstlingsw­erk, ein Bärfant“, sagt der 58-Jährige, lacht und erläutert: „Es sollte eigentlich ein Elefant werden, aber das klappte nicht und so musste ich ein neues Tier erfinden.“Das kreative Tun, so erklärt es der Di- plomingeni­eur, sei ein wunderbare­r Ausgleich zur täglichen Arbeit, ein mentales und physisches Abtauchen, das jede Menge Kraft und Erholung bringe. „Ich merke es auch in den Bildhauerk­ursen, die ich hier gebe, es kommen Patienten aus der Diakonie her, die ganz offensicht­lich Probleme haben, und dann Menschen von außerhalb, bei denen man das auch nie so ganz genau weiß. Wir brauchen uns nicht zu kennen, die Kunst, das gemeinsame Schaffen, ist eine Art Medium, das verbindet.“Arne Sawatzki kann dem nur zustimmen. „Das ist etwas, was ich täglich in meiner Arbeit erlebe: Kunst ist eine eigene Sprache, die mir häufig eine Kommunikat­ion mit Kindern ermöglicht, an die ich sonst nur schwer herankomme.“

Die bergische Diakonie lädt jeden Montag zwischen 14 und 17 Uhr Interessie­rte in ihr offenes Atelier ein. Darüber hinaus gibt es ein offenes Kursangebo­t.

„Ich habe einen Workshop geschenkt bekommen und das hat mich so fasziniert, dass ich nie wieder aufgehört habe“

Michael Sawatzki, Bildhauer

 ?? RP-FOTOS: DIETRICH JANICKI ?? Von links: Anne Schriever, Christine Atmer de Reig und Vivien Reig-Atmer stellten gemeinsam im Gasthof Lindenheid­e aus.
RP-FOTOS: DIETRICH JANICKI Von links: Anne Schriever, Christine Atmer de Reig und Vivien Reig-Atmer stellten gemeinsam im Gasthof Lindenheid­e aus.

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