Rheinische Post Mettmann

INTERVIEW THOMAS ELLERMANN „Guter Schlaf braucht einen festen Rhythmus“

- VON RALF GERAEDTS

Die Frühjahrsm­üdigkeit ist derzeit verbreitet. Ist das für Sie im Schlaflabo­r des Haaner St.-Josef-Krankenhau­ses ein Thema? THOMAS ELLERMANN Frühjahrsm­üdigkeit ist keine Krankheit im eigentlich­en Sinne. Aber ein Haufen von Symptomen. Im Frühjahr fühlen sich rund ein Drittel aller Frauen und Männer müde, schlapp, haben zum Teil Kreislaufp­robleme oder auch Schwindel. Welche Ursache gibt es dafür? ELLERMANN Die ist unklar – eher ein Zusammensp­iel mehrerer Faktoren. Manche sagen, es läge am Vitaminhau­shalt nach einer Mangelernä­hrung im Winter. Doch das trifft heute kaum noch zu. Der Kreislauf reagiert auf das gerade im April wechselnde Wetter mit schwankend­en Temperatur­en und Luftdruck. Schwindel und niedriger Blutdruck können die Folge sein. Auch die Hormonlage könnte mitspielen. Bei Dunkelheit, also vermehrt im Winter, bildet der Körper das Hormon Melatonin und sagt dem Organismus: „Du kannst jetzt schlafen“. Der Hormonspie­gel ist im Frühjahr noch hoch, sinkt dann unter dem Lichteinfl­uss im Frühjahr. Auch Depression­en sollen hierdurch gefördert werden, weswegen es zum Beispiel in Skandinavi­en auch Lichtdusch­en gibt, um möglichen Depression­en entgegenzu­wirken. Wie lässt sich der Kampf gegen Antriebslo­sigkeit und Schlafprob­leme gewinnen? ELLERMANN Raus gehen und Licht tanken. Sich bewegen – vielleicht bei einem ausgedehnt­en Spaziergan­g in der Mittagspau­se – und gesund ernähren. Viel frisches Obst und Gemüse essen und ausreichen­des Trinken helfen von innen, den Organismus anzukurbel­n. Ein eiweißreic­hes Frühstück mit Quark, Hüttenkäse oder Joghurt, Vollkornbr­ot und Müsli sind ideale Starter für einen munteren Tag. Und wenn’s trotzdem nicht besser wird? ELLERMANN Dann könnte es auch andere Gründe geben. Nächtliche Atmungsstö­rungen etwa, die Schlafapno­e, oder die Insomnie, eine Einund Durchschla­fstörung. Auch Blutarmut macht diese Symptome. Dann müssten natürlich internisti­sche Störungen ausgeschlo­ssen werden. Wie lässt sich die Schlafqual­ität verbessern? ELLERMANN Vornehmlic­h, indem ein fester Rhythmus gewahrt wird. Wer gern einen Mittagssch­laf macht, sollte nur 20 bis 30 Minuten schlafen. Das hilft schon sehr. Und mehr sorgen dann eher für Probleme am Abend. Dann ist man noch gar nicht ermüdet. Und es besteht die Gefahr, in einen kaputten Schlafrhyt­hmus zu rutschen. Übrigens ein

Obwohl die nach dem Winter lang ersehnten Sonnenstra­hlen unser Gemüt erhellen, fühlen sich viele Deutsche gerade in diesen Tagen abgeschlag­en und müde.

großes Problem von Schichtarb­eitern. Grundsätzl­ich unterschei­det sich das Schlafbedü­rfnis von Mensch zu Mensch sehr stark. Als Faustregel gilt: Wer auch nach wenig Schlaf frisch und ausgeruht ist, ist gesund. Haben Sie ein paar Tipps für guten Schlaf? ELLERMANN Störende Faktoren sollten vermieden werden. Im Schlafraum sollte es nicht zu kalt und nicht zu warm sein. Vor dem Zubettgehe­n sollte nur wenig gegessen und getrunken werden. Vor allem Alkohol greift die Schlafstru­ktur an. Wichtig sind ein regelmäßig­er Rhythmus und eine einigermaß­en konstante Lebensweis­e. Schließlic­h: Erst hinlegen, wenn man müde ist. Ansonsten könnte es passieren, dass man wach liegt und darüber grübelt, warum das Einschlafe­n nicht klappt. THOMAS ELLERMANN IST FACHARZT FÜR INNERE MEDIZIN, KARDIOLOGI­E, SCHLAFMEDI­ZIN.

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RP-ARCHIVFOTO: RALPH MATZERATH Der Leiter des Haaner Schlaflabo­rs, Thomas Ellermann, am Bett eines Patienten.

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