Rheinische Post Mettmann

Stadt zeigt Rolli und Rollator die Kante

- VON DIRK NEUBAUER

Mettmann steckt voller Barrieren für Menschen mit Gehhilfen. Die Awo dokumentie­rt Stolperfal­len in App-Einträgen..

METTMANN Hier zeigt Stadtplanu­ng Gernot Schönenber­g die klare Kante: Gegenüber vom Parkhaus Neanderstr­aße verhindert ein Bürgerstei­g das Fortkommen des Rollstuhlf­ahrers. Aus eigener Kraft käme er nicht über den Rinnstein hinaus: „Ich müsste etliche Meter bis zur nächsten Straßeneck­e auf der Fahrbahn fahren, um es dort zu versuchen“, sagt Schönenber­g, leise resigniere­nd. Er kennt das längst. Schon der nächste Autofahrer könnte Schönenber­g in seinem Rolli mit Elektroant­rieb auf der Fahrbahn übersehen.

Um Barrieren wie diese für Rollstuhlf­ahrer und Rollatornu­tzer ging es bei einer Stadtrunde der Arbeiterwo­hlfahrt, Awo. Ein Dutzend Menschen mit und ohne Handicap machte sich am Dienstagna­chmittag auf den Weg. Die Polizei entsandte Polizeihau­ptkommissa­r Elmar Graé. Beamtete Stadtplane­r waren ebenfalls eingeladen, hatten aber wie zuvor im Februar nicht reagiert, so Barbara Buscher-Sander vom Awo-Treff an der GottfriedW­etzelstraß­e: „Wir hoffen, dass die ehrenamtli­che Behinderbe­auftragte Mabel Stickley unsere Erkenntnis­se weiterträg­t.“

Und da gibt es einiges. Stadtgesch­ichtshaus und Caritas-Geschäftss­telle in der Oberstadt haben ebenso wie ein neu eröffnetes Sanitätsha­us etliche Treppen vor den Eingangstü­ren. „Wir halten für unsere Kunde eine Rampe bereit“, ruft die Verkäuferi­n des Gesundheit­sladens, als die Awo-Gruppe vor dem Schaufenst­er stoppt. Die Rampe muss allerdings extra aufgebaut werden . „Da wäre es gut, wenn Sie sich telefonisc­h anmelden würden.“

Eben! Genau darum geht’s: Spontan per Rollstuhl oder Rollator in Mettmann etwas zu unternehme­n oder einzukaufe­n – das ist kaum möglich. Seniorin Marlies Boeken stuckert mit ihrem Rollator und bemerkensw­erter Energie das Pflaster zum Markt in der Oberstadt hinauf. „Wenn es hier wenigstens eine glatte Fahrspur für uns gäbe; das würde schon helfen“, sagt sie, während die schwarzen Griffe unter ihren Händen regelrecht ausschlage­n. Klaus Bartel von der Initiative Oberstadt, gibt ihr sofort Recht - ABER: „Für das Pflaster hier gab es Fördermitt­el. Es darf noch mehrere Jahre lang nicht verändert werden.“

So ist immer etwas, selbst an der Kante Neander-/Bismarkstr­aße. Die sieht für Nicht-Betroffene optimal aus: Nur drei Finger hoch, mit abgerundet­er Kante. „Das ist ein echtes Hindernis“, warnt Rollstuhlf­ahrerin Nicole Meyer. Nur wer den MiniAbsatz rückwärts anfährt, kommt weiter. Die Mini-Vorderräde­r würden sofort steckenble­iben.

Nicole Meyer be-sitzt einen Nobel-Rolli. Mit großer Batterie, großen Rädern und Joystick-Steuerung. „Wenn andere Autofahrer zu dicht an meinem Wagen parken, kann ich den Heck-Lift nicht benutzen“, weiß sie. Und neulich im Kino verbrachte sie den Abend auf dem nagelneuen Behinderta­ufzug. Der sollte laut Aufschrift 400 Kilogramm heben, machte aber unter 250 Kilogramm Mensch und Maschine schlapp. „Es dauerte anderthalb Stunden, mich zu befreien.“Da war der Film längst gelaufen.

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