Stadt klagt gegen Fernwärme-Anbieter
Nach 51 Jahren Betrieb und vielen Jahrzehnten Ärger geht der Streit um die Hochdahler Fernwärme in eine heiße Phase: Die Stadt Erkrath verklagt Innogy vor dem Düsseldorfer Landgericht auf Rückgabe des Fernwärmenetzes.
ERKRATH Etwa zwei Daumen dick ist der Schriftsatz, der vor Bürgermeister Christoph Schultz liegt. Er hält sich nicht lange mit Vorbemerkungen auf: „Wir als Stadt Erkrath glauben, dass wir die Hochdahler Haushalte deutlich kostengünstiger und effizienter mit Wärme versorgen können.“Alle Gespräche und schriftlichen Einigungsversuche mit der RWE-Tochter Innogy seien „im Sande verlaufen“. Nun also zieht Schultz im Schulterschluss mit den Erkrather Ratsparteien vor den Kadi. Das Landgericht soll feststellen, dass der alte Versorgungsvertrag längst ausgelaufen ist.
Das betrifft die Fernwärme für rund 1500 Einfamilienhäuser, 6700 Wohnungen in Mehrfamilienhäusern und 200 gewerbliche Kunden. Seit dem Bau von Erkrath-Hochdahl Mitte der 1960er Jahre haben sie keine Wahl. Heißes Wasser und Heizung gab es nur über die Fernwärme. Gasleitungen wurden nicht verlegt. In den Grundbüchern der Einfamilienhäuser ist ein Anschlusszwang festgeschrieben.
Im Fall des Hochdahler Fernwärme-Heizwerks und -netzes ermittelte das Bundeskartellamt ab 2013 vier Jahre. Es bestand der Verdacht, dass deutlich überhöhte Preise verlangt würden. Vor einem Jahr dann musste Innogy wegen „missbräuchlicher Preiserhöhungen“in den Jahren 2010 bis 2012 den Hochdahler Kunden Geldbeträge erstatten. Bei den Erstattungen handele es sich jeweils um einen niedrigen dreistelligen Betrag, hatte Innogy-Sprecher Klaus Schultebraucks damals gegenüber der RP angegeben. Geld bekamen nur jene, die aktuelle Verträge mit Innogy hatten. Wer irgendwann nach 2012 ausgezogen ist, ging leer aus. Die RWE-Tochter Innogy hat die Hochdahler Fernwär- me – also Heizkraftwerk und Leitungsnetz – von Esso übernommen. Laut Schultebraucks sieht sich das Unternehmen durch einen laufenden Vertrag abgesichert. Dass man der Stadt Erkrath Einsicht in die Unterlagen verwehrt habe, sei „normal“; schließlich gingen daraus Geschäftsgeheimnisse hervor. Man sei unterschiedlicher Rechtsauffas- sung; das müsse nun gerichtlich geklärt werden. Notfalls auch über mehrere Instanzen hinweg. Den Bürgern entstünden dadurch keine Nachteile.
Wie die Stadt Erkrath im Falle eines für sie positiven Richterspruchs die Fernwärmeversorgung von Hochdahl neu und besser organisieren will, möchte Bürgermeister Schultz unter Hinweis auf das Klageverfahren nicht verraten. Unter Hochdahler Politikern wird gemunkelt, dass sich die Stadtwerke im Hintergrund als Dienstleister bereithalten. Bernhard Osterwind von den Bürgern mit Umweltverantwortung (BmU) sagt: „Endlich sind wir da, wo wir schon vor Jahren hätten sein können.“Zunächst hätten an- dere Parteien nicht auf Anfragen und Anträge der BmU reagiert. Nun sei der Schulterschluss der Ratsfraktionen zu begrüßen.
Erkrath ist nicht die einzige Stadt, die mit Innogy um die FernwärmeKonditionen ringt. Auch Monheim beanstandet Fernwärmeabrechnungen für von ihr angemietete Wohnungen im Berliner Viertel.