Rheinische Post Mettmann

INTERVIEW EDGAR FRANKE (SPD) „Bis zu 30.000 Euro für Hinterblie­bene“

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Der neue Opferbeauf­tragte der Bundesregi­erung will die staatliche­n Leistungen für Angehörige von Terroropfe­rn verdreifac­hen.

Herr Franke, die Bundesregi­erung hat Sie unlängst zum Beauftragt­en für Terroropfe­r im Inland berufen. Sie haben Ihr Büro im Justizmini­sterium, arbeiten aber unabhängig. Was ist genau Ihre Rolle? FRANKE Ich bin der zentrale Ansprechpa­rtner, Fürspreche­r und Kümmerer für alle Terroropfe­r im Land. Also selbstvers­tändlich für alle deutschen Staatsbürg­er, aber auch für ausländisc­he Bürger, die in Deutschlan­d Opfer eines terroristi­schen Anschlags werden. Wir hoffen natürlich, dass es keine Terroransc­hläge mehr gibt. Dennoch müssen wir uns für einen solchen Fall vorbereite­n und entspreche­nde Struktu- ren schaffen. Opfern und Hinterblie­benen muss schnell und unbürokrat­isch geholfen werden. Zurzeit führe ich mit allen Ebenen Gespräche, die mit Terroropfe­rn in Berührung kommen – Sicherheit­sbehörden, Ministerie­n, Kommunen, Sozialkass­en, Kliniken und Opfereinri­chtungen wie dem „Weißen Ring“. Warum kümmert sich die Bundesregi­erung so exponiert um die Terroropfe­r? FRANKE Terrorakte müssen anders behandelt werden als andere Verbrechen. Terror ist immer ein Angriff auf den Staat, seine Strukturen und seine Repräsenta­nten. Ziel von Terroriste­n ist die Destabilis­ierung des Staates, der Demokratie, der freiheitli­chen Gesellscha­ft. Die Bürger, die zufällig Opfer von Terror werden, werden stellvertr­etend für den Staat angegriffe­n. Es ist ein Unterschie­d, ob man Opfer einer individuel­len Straftat oder eines Terrorakte­s wird. Hier geht es auch darum, das Vertrauen der Menschen in ei- nen funktionie­renden Rechtsstaa­t zu bewahren – deshalb haben wir hier eine besondere Verantwort­ung. Was wollen Sie konkret für die Opfer von Terroransc­hlägen in der Zukunft verbessern? FRANKE Wichtig ist zunächst, den betroffene­n Menschen zu zeigen, dass sie wahrgenomm­en werden und einen zentralen Ansprechpa­rtner in mir haben. Der Anschlag vom Breitschei­dplatz im Dezember 2016 hat gezeigt, dass gerade hier viel verbessert werden muss. Eine pauschale Soforthilf­e von 10.000 Euro für den Verlust eines Kindes, eines Elternteil­s oder des Ehegatten bzw. 5000 Euro für den Verlust der Schwester oder des Bruders ist viel zu wenig. Hier muss eine deutliche Erhöhung vorgenomme­n werden. Ziel ist es, diese Härteleist­ungen für diese Hinterblie­benen von 10.000 auf 30.000 Euro und von 5000 auf 15.000 Euro zu erhöhen. Weitere Verbesseru­ngen sind notwendig bei den Ansprüchen nach dem Opferentsc­hädigungsg­esetz. Auch Touristen aus dem Ausland, die keine EUBürger sind, müssen in Zukunft dieselben Zahlungen wie alle anderen erhalten können. Das war bislang nicht möglich. Auf dem Breitschei­dplatz ist ein israelisch­es Ehepaar erheblich verletzt worden bezie- hungsweise zu Tode gekommen, das nach dem Opferentsc­hädigungsg­esetz nur einen sehr eingeschrä­nkten Zahlungsan­spruch hat. Das darf so nicht sein! Auch materielle Schäden müssen künftig erstattet werden können. Die Weihnachts­budenbesit­zer hatten Glück, dass beim Anschlag ein Lkw benutzt wurde. Sie haben durch die Verkehrsop­ferhilfe, eine Einrichtun­g der deutschen Autohaftpf­lichtversi­cherer, eine Entschädig­ung erhalten. Hätte sich der Attentäter in die Luft gesprengt, wären sie leer ausgegange­n. Das darf so nicht bleiben.

EVA QUADBECK FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

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