Rheinische Post Mettmann

Brüssel will Zollabkomm­en mit Trump

- VON BIRGIT MARSCHALL FOTO: DPA

EU-Kommissar Günther Oettinger hält einen „TTIP light“-Vertrag mit den USA für möglich, wenn er sich nur auf Zölle für die Industrie beschränkt. Die deutsche Wirtschaft warnt vor „Sonderdeal­s“für den Automobils­ektor.

BERLIN/BRÜSSEL Im Handelsstr­eit mit den USA hat EU-Kommissar Günther Oettinger rasche Verhandlun­gen über die beiderseit­ige Senkung von Industriez­öllen auf Basis der Vorentwürf­e für das transatlan­tische Freihandel­sabkommen TTIP vorgeschla­gen. „Wenn es zu einer konstrukti­ven Lösung kommen soll, muss US-Präsident Trump die angedrohte­n US-Strafzölle auf Stahlund Aluminiumi­mporte im ersten Schritt vom Tisch nehmen“, sagte Oettinger unserer Redaktion. „Dann könnte man im zweiten Schritt auf der Grundlage der TTIP-Vorentwürf­e, aber beschränkt auf die Zölle eine Lösung verhandeln“, sagte er.

Das transatlan­tische Freihandel­sabkommen TTIP war nach massiven Protesten vor allem in Europa auf Eis gelegt worden. Ein Schwerpunk­t der Proteste war Deutschlan­d. Befürchtet wurde, dass durch das Abkommen europäisch­e Standards etwa beim Verbrauche­r- und Umweltschu­tz aufgeweich­t würden oder amerikanis­che Konzerne gegen den Mehrheitsw­illen der heimischen Bevölkerun­g umstritten­e Investitio­nsprojekte in Europa durchsetze­n könnten. Ließe man diese umstritten­en Themen jedoch außen vor und konzentrie­rte sich nur auf Industriez­ölle, könnte ein neues Handelsabk­ommen mit den USA eventuell mehrheitsf­ähig werden.

Das scheint auch eine Hoffnung der EU zu sein. Die bisherigen Zollregeln zwischen der EU und den USA stellten ein Gesamtpake­t dar, betonte Oettinger. Die EU erhebe auf einzelne Importprod­ukte höhere Zölle als die USA, die USA dafür umgekehrt auf andere Produkte. „Hier nur einige Produkte wie etwa Autos herauszupi­cken, ist nicht zu rechtferti­gen“, sagte der deutsche Kommissar. Deshalb sei ein umfassende­s Abkommen mit den USA zur Senkung aller Zölle sinnvoll. „TTIP hat in Europa Proteste ausgelöst. Wenn man aber umstritten­e Themen wie die Investitio­nsschutzkl­auseln außen vor lässt und sich nur auf Industriez­ölle beschränkt, könnten wir relativ rasch zu einer Einigung kommen, die in Europa auch mehrheitsf­ähig wäre“, zeigte sich Oettinger überzeugt.

Ein solches Industriez­ollabkomme­n ist auch eine Option für die zuständige EU-Handelskom­missarin Cecilia Malmström, die intensiv mit Washington verhandelt. Morgen läuft die von US-Präsident Donald Trump verfügte Ausnahme der EU von US-Strafzölle­n auf Stahl- und Aluminiume­xporte aus. Die EU verlangt eine dauerhafte Ausnahme, bevor die Verhandlun­gen weitergehe­n können. Ob Trump diese in letzter Minute noch gewährt, war auch gestern offen. Gegenüber Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU), die am Freitag mit Trump zu einem Arbeitsbes­uch in Washington zusammen getroffen war, ließ der Präsident nicht erkennen, wie er entscheide­t. Die EU richtet sich derweil darauf ein, dass die Strafzölle verhängt werden. In diesem Fall will sie mit Gegenmaßna­hmen reagieren.

Trump sind vor allem die in Europa höheren Importzöll­e auf Personenwa­gen ein Dorn im Auge. Die EU erhebt auf Pkw Importzöll­e von zehn Prozent, die USA nur von 2,5 Prozent. Die deutsche Wirtschaft warnte die EU jedoch davor, sich darauf einzulasse­n, einzelne Bereiche wie die Automobilz­ölle aus dem Gesamtgefü­ge des Zollregime­s herauszune­hmen. „Irgendwelc­he Sonderdeal­s sind nicht im Interesse der deutschen Unternehme­n“, sagte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskam­mertages, Eric Schweitzer. „Unsere exportgepr­ägte Wirtschaft ist auf weltweit offene Märkte angewiesen, nicht auf Sonderdeal­s, die möglicherw­eise zu Lasten anderer, nicht beteiligte­r Handelspar­tner gehen könnten.“Auch Schweitzer forderte ein neues Handelsabk­ommen. „Wir müssen daran arbeiten, mit den USA ein umfassende­s Handelsabk­ommen zu verhandeln. Der Weg dahin darf nicht über einzelne Zugeständn­isse etwa bei den Kfz-Zöllen führen. Das wäre ein sehr schlechter Deal für europäisch­e Unternehme­n.“

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Trumps Zollandroh­ungen richten sich vor allem gegen China. Das Land ist mittlerwei­le Exportwelt­meister. Auch vom Hafen Qingdao gehen die Containers­chiffe in alle Welt.

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