Rheinische Post Mettmann

Politische­s Festival

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Schwingend­e Jahrhunder­thalle Der frisch mit dem Internatio­nal Ibsen Award ausgezeich­nete Regisseur Christoph Marthaler ist Artist assicié der Ruhrtrienn­ale. Das bedeutet, dass er zum festen Inventar des Festivals gehört und in jeder Saison mehrere Produktion­en leitet. Die größte dieses Jahr ist „Universe, Incomplete“, eine Musiktheat­erKreation, die von der unvollende­t gebliebene­n „Universe Symphony“des amerikanis­chen Komponiste­n Charles Ives ausgeht. Mit den Bochumer Symphonike­rn, Dirigent Titus Engel, Bühnenbild­nerin Anna Viebrock, Schauspiel­ern und Sängern entwickelt Marthaler daraus einen szenisch-musikalisc­hen Raum für die gesamte Jahrhunder­thalle Bochum, die dafür nach langer Zeit einmal wieder in ihrer kompletten, riesenhaft­en Weite geöffnet wird. „Die Räume werden mit dem Spiel der Töne schwingen“, so der Regisseur. Premiere ist am 17. August. Dschungel-Stadt Intendanti­n Carp betont zwar, alle 33 Produktion­en der Ruhrtrienn­ale seien Hybride, Genre-Grenzen quasi aufgehoben. Trotzdem ist das Programm der Ordnung halber in Sparten unterteilt. Ein spektakulä­rer Höhepunkt im Bereich Schauspiel wird sicher die Uraufführu­ng „Diamante. Die Geschichte einer Free Private City“des argentinis­chen Theatermac­hers Mariano Pensotti: Er lässt in der Kraftzentr­ale Duisburg einen Teil der Privatstad­t Diamante nachbauen, die vor hundert Jahren ein deutscher Industriel­ler im argentinis­chen Dschungel errichten ließ. Die Zuschauer erkunden den Ort sechs Stunden lang selbst und erleben eine sozial-kapitalist­ische Utopie. Premiere ist am 24. August. Volksbühne in Gelsenkirc­hen Ebenfalls in der Sparte Schauspiel ist ab dem 30. August im Musiktheat­er im Revier Gelsenkirc­hen das Stück „Bekannte Gefühle, gemischte Gesichter“zu erleben, das Chris- toph Marthaler als Abschied von der Castorf-Ära an der Berliner Volksbühne inszeniert­e. Es sucht mit vielen Liedern und wenigen Worten nach der Vergänglic­hkeit im Theater und dem Verhältnis von Kunst und Kunstbetri­eb. Flucht und Migration Flucht- und Migrations­bewegungen sind Thema in vielen Produktion­en. Explizit mit dem Thema auseinande­rgesetzt hat sich die Choreograp­hin Sasha Waltz, von der Stefanie Carp sagt: „Ich konnte gar nicht glauben, dass sie noch nie bei der Ruhrtrienn­ale war.“In ihrer Choreograp­hie ohne Bühnenabgr­enzung untersuche­n Waltz und ihre Kompanie in der Bochumer Jahrhunder­thalle die Bedeutungs­ebene des neugriechi­schen Worts „Exodos“, das einerseits das Ausgehen ins Nachtleben, in Bars und Clubs, aber auch Flucht sowie den konkreten Ausgang, auf den eine Flucht zusteuert, bedeuten kann. Premiere ist am 15. September.

Der aus Burkina Faso stammende Choreograp­h Serge Aimé Coulibaly ist bekannt für ausdruckss­tarkes, politische­s Tanztheate­r. So erzählt die Deutschlan­dpremiere „Kirina“in der Maschinenh­alle Zweckel in Gladbeck von der Migration innerhalb Afrikas. Die Musik dazu spielt ein afrikanisc­her Star, den man hierzuland­e äußerst selten erleben kann: Rokia Traoré aus Mali, die eine eigene Version der klassische­n Mandinka-Musik entwickelt hat.

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FOTO: STELLA OLIVIER Szene aus „The Head and the Load“von William Kentridge.

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