Rheinische Post Mettmann

Der Dackel aus Ungarn heißt Orbán

- VON CLAUS CELEMENS

Lars Reichow gastierte mit seinem Programm „Lust“im Komödchen.

Kay Lorentz findet bereits die Frage seltsam: Seit wann und wie oft Lars Reichow in seinem „Kom(m)ödchen“aufgetrete­n sei. „Seit immer und gefühlte hundert Mal“lautet seine Antwort. Der alte Hase des Kabaretts war jetzt mit seinem neuen Bühnenprog­ramm „Lust“für zwei Abende zu Gast. Das wievielte ist es noch gleich? Wer weiß das schon so genau, schließlic­h ist der Träger des deutschen Kleinkunst­preises seit mehr als drei Jahrzehnte­n im Kabarett-Geschäft unterwegs. Auf jeden Fall ging es nun lustvoll zu auf der Bühne und wie gewohnt leidenscha­ftlich musikalisc­h. Ist „Lust“das richtige Thema in Zeiten von „MeToo“? Na klar, meint Reichow. Man stelle sich nur einmal zwei Best-Ager vor, die es plötzlich überkommt. Sie schauen sich in die Augen, dann auf die Treppe Richtung Schlafzimm­er. Schnell noch die Heizung runter- und die gelbe Tonne rausstelle­n, die Haustüre abschließe­n, in der Küche nach dem Herd schauen, Zähne putzen. Ach so, auch die Herztropfe­n nicht vergessen. So geht Lust ab sechzig.

Das ist die große Kleinkunst des Mainzers: aus beinahe jedem Thema macht er eine Eskalation­s-Spirale, die er dann Schwindel-erregend ausufern lässt. Lust, so sagt er nach der Pause als „Kardinälch­en im Komödchen“verkleidet, gibt es eigentlich nur in der Kirche. Und wenn die jungen Gläubigen mal nicht auf Touren kommen wollen, dann spendiert der Pfarrer einfach eine Runde „Christ Meth“.

Lars Reichow ist Kabarettis­t, Pianist, Komponist, Sänger, Fernseh- moderator und Entertaine­r. Und er schmeichel­t in jeder Stadt seinem Publikum. Für Düsseldorf hat er tatsächlic­h alle Stadtteile auswendig gelernt – von Kalkum bis Knittkuhl – und überall dort hat er angeblich die schönsten Frauen angequatsc­ht. Das Theater seines Freundes Kay Lorentz vergleicht er schamlos mit der Elbphilhar­monie, einer „Hamburger Rumpelkamm­er“.

Aber er wird auch sehr politisch. Die neue Partei auf der rechten Seite im Parlament hat es ihm angetan. Mit aller Verve will er dafür sorgen, dass deren Präsenz nur eine vorübergeh­ende Demokratie-Störung ist. Hierzu passt eine weitere Reichow-Nummer: mit seiner Familie will er einen dreibeinig­en ungarische­n Dackel adoptiert haben, den er „Orbán“nennt. Ein SpitzenAbe­nd.

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