Rheinische Post Mettmann

Der Aufsteiger

- VON BERND JOLITZ

Friedhelm Funkel hat zum sechsten Mal einen Verein in die Fußball-Bundesliga geführt. Eine Bestmarke für die Ewigkeit. Noch wichtiger sind für den Trainer von Fortuna Düsseldorf aber Werte wie Freundscha­ft und Heimat.

DÜSSELDORF Selbst im Augenblick des größten Triumphs bleibt Friedhelm Funkel seinen Werten treu. Während rund um ihn herum der Aufstiegst­rubel tobt, die Spieler von Fortuna Düsseldorf ihren Trainer mit einer Altbierdus­che bedenken und in eine lange Partynacht einbiegen, denkt er an einen früheren Arbeitgebe­r, dem es gerade nicht so gut geht. „Der Abstieg des 1. FC Köln tut mir schon weh, das muss ich ganz ehrlich sagen“, gibt Funkel zu Protokoll. „Ich hatte eine sehr schöne Zeit dort und hätte gern mit Fortuna in der Bundesliga gegen den FC gespielt.“

Dass er sich mit dieser Aussage in der Landeshaup­tstadt nicht nur Freunde macht, ist dem 64-Jährigen bewusst. Er schert sich aber nicht sonderlich drum, weil Ehrlichkei­t ihm stets wichtiger war als populäre Aussagen. „Ich weiß, dass viele Düsseldorf­er jetzt eine gewisse Schadenfre­ude empfinden, weil Köln eine Klasse tiefer spielt“, sagt er. „Umgekehrt wäre es genauso, das nehme ich niemandem krumm.“

Was für den FC und seit dem Frühjahr 2016 auch für Fortuna gilt, ist bei Funkel Programm. Zu jedem seiner ehemaligen Klubs pflegt er ein gutes Verhältnis, nirgends hat er bei seinem Abschied verbrannte Erde hinterlass­en. Das hängt auch mit seinem Credo zusammen, Ver- träge nicht auszusitze­n oder Abfindunge­n in lichte Höhen zu treiben. „Wenn es nicht mehr passt, dann soll man vernünftig auseinande­rgehen“, betont Funkel. Deshalb schließt er auch seit Langem nur noch Ein-Jahres-Verträge ab: „Zwölf Monate sind ein überschaub­arer Zeitraum. Man spricht miteinande­r, überlegt, ob man den Weg noch gemeinsam gehen möchte, und schließt einen Vertrag. Wenn es dann doch nicht funktionie­rt, sind beide Seiten schnell frei, und es wird keine hohe Abfindung fällig.“

Seinen Kontrakt mit Fortuna hat er zu einem Zeitpunkt verlängert, als zwar ganz Fußball-Düsseldorf auf den Aufstieg hoffte, dieser aber noch keineswegs greifbar oder gar sicher war. Jetzt hat er ihn geschafft, gemeinsam mit einer Mannschaft, die er als „geile Truppe“bezeichnet und die er stets gegen jede Kritik verteidigt hat. „Auf diese Jungs lasse ich nichts kommen“, hat er stets versichert – weil ihn die Spieler bei den Werten nicht enttäuscht­en, die ihm besonders wichtig sind. Vertrauen, Zuverlässi­gkeit, Ehrlichkei­t, Mannschaft­sgeist. Hier legt Funkel die Messlatte hoch, und wer hier seinen Maßstäben gerecht wird, der darf auch Fehler machen. Sofern er bereit ist, daraus zu lernen – denn die Bereitscha­ft, sich ständig verbessern zu wollen, dafür vollen Einsatz zu zeigen, ist für ihn eine unabdingba­re Eigenschaf­t.

Weil Fortunas Profis mitzogen, steht nun der sechste Bundesliga­Aufstieg des Vereins zu Buche. Und nicht zuletzt auch für Funkel der sechste Sprung ins Fußball-Oberhaus, der ihm seit 1992 als Trainer gelang. Zweimal mit Bayer Uerdingen, je einmal mit dem MSV Duisburg, dem 1. FC Köln und Eintracht Frankfurt sowie am Samstag mit der Fortuna. Kein anderer Trainer führte so oft einen Verein in die Bundesliga, es ist ein Rekord für die Ewigkeit. „Ich würde diesen sechsten Aufstieg gern mit Fortuna schaffen“, hat er schon vor Monaten zu- gegeben. „Ich glaube nicht, dass diese Marke je übertroffe­n wird.“

Der Rekord ist ihm wichtig. Er ist seine Hinterlass­enschaft für die Fußballges­chichte, denn die ganz großen Titel mit den ganz großen Klubs hat er nicht gewonnen. Doch normalerwe­ise sind es ohnehin diese anderen Werte, nach denen er im Leben strebt. Freundscha­ften, die Funkel über Jahrzehnte unabhängig von sportliche­m Erfolg oder Misserfolg pflegt. Familie, für die er durchs Feuer geht – seine Töchter Janine und Jennifer, beide Anfang 30, seine beiden Enkel und die zweite Ehe- frau Anja, die er im Sommer 2017 heiratete. Und natürlich Heimatverb­undenheit. Das beginnt bei seiner Geburtssta­dt. Als der Stadtsport­verband Neuss bei Funkel anfragte, ob er bei einer Amateurspo­rtler-Ehrung eine Laudatio halten könne, antwortete er spontan: „Für Neuss mache ich alles.“

Doch der Heimatbegr­iff hört für den Freund und Kenner des rheinische­n Brauchtums nicht in Neuss auf. „Ich werde für einen neuen Job nicht mehr umziehen“, erklärt er. Dafür fühlt er sich in seinem Haus am Krefelder Stadtwald viel zu wohl – und so wichtig könnte eine neue berufliche Herausford­erung für ihn auch gar nicht sein, dass er sein privates Umfeld dafür aufgäbe.

Er muss es ja auch nicht. Schließlic­h bietet Fortuna ihm ab August in der neuen Saison all das, was er im Berufslebe­n braucht. Das Kräftemess­en mit den Großen wie etwa dem FC Bayern. Dann will er beweisen, dass er „immer wieder bereit ist, sich neu zu erfinden“, wie Fortunas Vorstandsv­orsitzende­r Robert Schäfer lobt. Funkel ist gewiss kein Vertreter der Generation LaptopTrai­ner, aber er denkt viel zu modern, als dass er die technische­n Errungensc­haften im Trainerber­uf verteufelt­e. Im Gegenteil, er nutzt sie in seinem Funktionst­eam intensiv. Weil er mit seinem Bestreben, mit Fortuna das Bestmöglic­he zu erreichen, noch lange nicht fertig ist.

 ?? FOTO: IMAGO ?? Friedhelm Funkel in der Düsseldorf­er Arena. Mit der Fortuna erfüllte er sich den Traum, als erster Trainer zum sechsten Mal in die Fußball-Bundesliga aufzusteig­en.
FOTO: IMAGO Friedhelm Funkel in der Düsseldorf­er Arena. Mit der Fortuna erfüllte er sich den Traum, als erster Trainer zum sechsten Mal in die Fußball-Bundesliga aufzusteig­en.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany