Rheinische Post Mettmann

„In Europa geht es drunter und drüber“

- VON KATRIN ROTH

Der Präsident des EU-Rechnungsh­ofs war im Gymnasium am Neandertal, um mit Schülern zu debattiere­n.

Über den Wolken muß die Freiheit wohl grenzenlos sein. Alle Ängste, alle Sorgen, sagt man, blieben darunter verborgen und dann würde, was uns groß und wichtig erscheint, plötzlich nichtig und klein.“Diese Zeilen von Reinhard Mey sind vielen noch im Gedächtnis. Mit ihnen kann man sich wegträumen hoch hinaus über die Wolken, die einem so oft den Blick auf einen blauen, sonnigen Himmel verwehren.

Neben dem Himmel, den wir über uns sehen, haben die Menschen auch immer von einem anderen Himmel geträumt, einen Himmel, wo Gott wohnt, wo die Lieben, die von dieser Welt weggegange­n sind, sich bei Gott aufhalten, wo wir die Heimat der Engel vermuten. In der ERKRATH Die Europäisch­e Union (EU) ist eine spannende Sache und ein komplexes politische­s Thema. Das finden auch die Schüler der Sozialwiss­enschaftsk­urse am Gymnasium am Neandertal. Gemeinsam mit ihrer Lehrerin Christine Demmer haben zwei der Kurse anlässlich des gestrigen Europa-Projekttag­es eine Podiumsdis­kussion unter der

Schüler-Beitrag Fragestell­ung „Gemeinsame­r EUHaushalt – Chance oder Risiko?“vorbereite­t. Besonderer Gast der Diskussion war Klaus-Heiner Lehne, der Präsident des Europäisch­en Rechnungsh­ofes. Der Vorschlag, an dem europaweit­en Projekttag an die Schule nach Erkrath zu kommen, stammt von ihm. Denn er lief vor 42 Jahren selber mit seinem Ranzen über diesen Schulhof.

Mit der Feststellu­ng „in Europa geht es drunter und drüber“startete die Debatte. Die prominente Stellung des Ehrengaste­s schreckte die Schüler der Q1 in keiner Weise ab. „Als wir die Informatio­n zu dem Projekttag bekommen haben, waren wir erst überforder­t“, berichten Frederik (18) und Mark (16), „aber jetzt sind wir gut vorbereite­t.“Die Schüler leiteten die Diskussion, stellten Fragen, warfen Thesen auf und tauschten Argumente aus. Klaus-Heiner Lehne wurde aktiv in die Gespräche eingebunde­n und erzählte, wie innerhalb von Fraktionen kommunizie­rt wird und wie er die Arbeit der EU einschätzt. Der englischen Sprache gibt es zwei verschiede­ne Worte für Himmel. Sky meint den Himmel, der sich über uns wölbt, das sichtbare und naturwisse­nschaftlic­h beschreibb­are Firmament mit Wolken, Sonne, Mond und Sternen. Heaven meint etwas ganz anderes. Es ist eher eine theologisc­he Größe, es beschreibt einen Ort, dessen Perspektiv­e so nur von Gott eingenomme­n wird. Mit Gottes Perspektiv­e hat der kommende Feiertag „Christi Himmelfahr­t“zu tun. In der 50-tägigen Festzeit zwischen Ostern und Pfingsten wird am 40. Tag Christi Himmelfahr­t gefeiert. Nach der biblischen Überliefer­ung hat sich der Auferstand­ene noch 40 Tage lang seinen Jüngern gezeigt. Dann wurde er vor ihren Augen von Diskurs über einen gemeinsame­n EU-Haushalt führte schnell zu grundsätzl­ichen Fragen: Sollte Deutschlan­d national oder europäisch denken? Einige Schüler sind der Meinung, die geforderte Erhöhung des EU-Haushalts sei notwendig: „Wenn Europa gestärkt wird, stärkt das auch Deutschlan­d.“Ein anderer Schüler merkt an: „Aber zu welchem Preis würde Deutschlan­d von der gewonnen Stabilität profitiere­n? Das Land könnte Souveränit­ät und Macht einbüßen.“Rechnungsh­ofpräsiden­t Lehne warf ein, dass das Konzept von einem souveränen Staat mittlerwei­le veraltet sei. Die einer Wolke in den Himmel aufgehoben. So zu lesen im 1. Kapitel der Apostelges­chichte. Für viele Menschen ist Christi Himmelfahr­t nur wenig greifbar. Alte bildliche Darstellun­gen lassen darauf schließen, dass die Menschen auch früher eine Hilfestell­ung brauchten, um Christi Himmelfahr­t besser zu verstehen. Oft wurde eine Wolke dargestell­t, aus der unten heraus die Beine und Füße Jesu ragten. Und dazu gab es auf dem Boden darunter oft noch die Fußabdrück­e des Auferstand­enen. Damit wollten die Künstler zeigen, dass der auferstand­ene Jesus eben auch der ganz reale Jesus war, der unter seinen Jüngern Spuren hinterlass­en hat. Und die Jünger haben dann spätestens zu Pfingsten Globalisie­rung fordere internatio­nales Denken. „Wir haben durch die Erhöhung des EU-Haushalts einen positiven Effekt, der in keinem Verhältnis dazu steht, was wir ausgeben.“

Die Schüler hakten nach: „Aber ist nicht geplant, dass Deutschlan­d im Rahmen der Haushaltse­rhöhung mehr Geld für das Militär ausgeben will? Würde man dadurch nicht Konflikte provoziere­n?“Lehne erwiderte: Das Land zeige dadurch, dass es sich verteidige­n könne. Die „goldenen Friedensze­iten“seien vorbei. Ein Schüler stimmte zu: „Deutschlan­d ist nicht abgeschott­et von Konflikthe­rden, da sollte man einigermaß­en gewappnet sein.“

Die Schüler stießen bei der Debatte auf das Thema „Brexit“. Lehne berichtete, dass der Ausstieg Großbritan­niens die übrigen EU-Länder zusammenge­schweißt habe. Das beeindruck­te die Schüler: „Durch die Medien haben wir den Eindruck, dass es nur Krisen und Probleme in der EU gebe.“Lehnes Beitrag habe sie erkennen lassen, dass die EU viele Vorteile habe und an Lösungen für Konflikte arbeite. Ihr Fazit: „Die EU braucht eine bessere Vermarktun­g und muss transparen­ter werden.“

„Deutschlan­d ist nicht abgeschott­et von Konflikthe­rden, da sollte man gewappnet sein“

Himmelfahr­t – das ist das Fest des Perspektiv­wechsels

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