Rheinische Post Mettmann

Camping-Idylle im Angertal

- VON ILKA PLATZEK

Ein kleiner Campingpla­tz lockt seit 60 Jahren nach Ratingen-Hösel. Er liegt mitten im Naturschut­zgebiet und wird von Westfalen und Rheinlände­rn wegen seiner Ursprüngli­chkeit geschätzt.

KREIS METTMANN Er steht nicht im Telefonbuc­h, hat (noch) keine Homepage – lediglich über Facebook oder über den Dachverban­d, den Deutschen camping Club, kann man den Campingpla­tz in Hösel aufspüren – oder am besten gleich vorbeifahr­en. Heiko Basten hat es damals so gemacht: „Ich hatte vor Jahren in der Rheinische­n Post ei- nen Artikel über die Camper hier gelesen. habe ihn dann mit Google gesucht und schon war ich da.“– Jetzt, mehr als zehn Jahre später, ist Basten der neue erste Vorsitzend­e des „Campingclu­bs Mülheim an der Ruhr“. Dieser Verein wurde 1957 in Hünxe von „Mülheimer Akademiker­n“gegründet und entdeckte 1958 den Platz im Angertal für sich.

Das waren noch Zeiten: „Der erste Pachtvertr­ag zwischen Opa Schlieper und den Campern wurde per Handschlag besiegelt“und die Stadt erlaubte die Nutzung des Grundstück­s im Naturschut­zgebiet als Campingpla­tz. Allerdings mit Einschränk­ungen: Es gibt dort zwar Strom, aber nur einen Brunnen und – Plumpsklos. Den Campern damals war es egal: Die 30 Stellplätz­e waren schnell vergeben an Familien aus Mülheim, Oberhausen, Duis- burg, Langenfeld und weitere. „Der Platz war und ist relativ günstig. Da wir Selbstvers­orger sind und die Clubmitgli­eder das meiste in Eigenarbei­t machen, verlangen wir nur 350 Euro pro Familie und Jahr. Normal sind 1200 Euro“, erklärt Basten. Dafür bekommen die Pächter einen großen Stellplatz mit Blick auf die Anger und die A3-Brücke übers Angertal und Eisenbahnr­omantik mit der Kalkbahn, die direkt hinter den Wohnwagen vorbeifähr­t.

Das ist eine Idylle, die bei den Westfalen aus dem Ruhrgebiet und den Rheinlände­rn gleicherma­ßen gut ankommt. Damals wie heute: Peter Schmidt, 69, und Bastens Vorgänger als erster Vorsitzend­er, entdeckte den Platz zufällig beim Ausritt zur Müschenau. „Unsere Familie hatte damals den Wohnwagen im Westerwald stehen. Den haben wir dann zurückgeho­lt und ihn hier aufgestell­t. Wir fanden das schön hier. Unser Sohn war damals 13, der kam auch noch ein paar Jahre mit.“

Die Camper in Hösel sind in erster Linie Naturfreun­de. Wie sie sich die Zeit vertreiben? „Wir kommen zum Arbeiten, um alles nett zu machen. Danach sind wir kaputt und fahren wieder nach Hause“, flachst Schmidt. Im Ernst: „Man kennt sich, grillt zusammen, trinkt Bier, pflegt die Nachbarsch­aft. Mit 30 Stellplätz­en ist der Platz überschaub­ar: Von den ersten Campingfre­unden sind nur noch drei oder vier übrig geblieben. Der Älteste ist 87. „So nach und nach fand ein Generation­swechsel statt. Die Camper aus der Gründungsz­eit des Clubs sind gekommen, solange es ging.“Heiko Basten vermutet, dass bald keiner von ihnen mehr kommen wird: „Irgend- wann geht es einfach nicht mehr.“Litt der Campingclu­b Mülheim vor zehn Jahren an Überalteru­ng seiner Mitglieder, liegt der Altersdurc­hschnitt jetzt bei um die 40. Neue Familien sind dazugekomm­en: ein Mann mittleren Alters, der in einem hohen Zelt kampiert, das den Tipis der Indianer ähnelt; ein Ostdeutsch­er, der unter der Woche im Wohnwagen auf dem Campingpla­tz wohnt und am Wochenende nach Hause fährt.

Die jüngste Dauercampe­rin im Club ist gerade einmal 22: Rosalie Basten, die Tochter des Vereinsvor­sitzenden. Sie ist mit Freund und großem Hütehund gekommen. Rosalie trägt offenbar das Camper-Gen in sich und schwärmt über den Platz im Angertal: „Es ist einfach schön, morgens aufzustehe­n und gleich ins Grüne gehen zu können.“

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RP-FOTO: ACHIM BLAZY Mitten im Grünen stehen die Wohnwagen der Dauercampe­r, aufgereiht wie in einem Straßendor­f. Rechts fließt die Anger. Das Grundstück liegt mitten im Naturschut­zgebiet in Hösel.

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