Rheinische Post Mettmann

Ohne Zugabe, bitte

- VON KLAS LIBUDA

Idealer Konzertabe­nd: Ankommen, Band tritt auf, spielt alle Hits, Licht geht an, Ohren fiepen. Kommt nur leider selten so, weil sich mit den Jahren ein Brauch eingeschli­chen hat, eine Plage. Ein Ritual, das man auf so ziemlich jedem Konzert miterleben kann, ja, muss. Die Rede ist vom eingeforde­rten und kalkulier-

ten Nachschlag: der Zugabe.

Kaum ein Konzertabe­nd kommt ohne aus, immer meinen Zuschauer, Bands und Veranstalt­er, wenn Schluss ist, muss es noch einmal weitergehe­n. Darum bleiben Verstärker eingeschal­tet und Gitarren eingestöps­elt, während sich die Musiker zum ersten Mal verabschie­den, und meist winken sie nur im Vorbeigehe­n, weil sie um das Wiedersehe­n wissen. Die Zuhörer na-

türlich auch, darum ist kaum nach- vollziehba­r, warum Menschen Zugaben überhaupt lautstark einfordern. Besonders ulkig wirken die Sprechchör­e nach den Abgängen größerer Bands, während sogenannte Roadies längst die Technik nachjustie­ren. Und wer nach Konzerten mal einen Blick auf die am Bühnenrand liegengela­ssenen Setlists geworfen hat, kennt das: Unterm letzten Song stehen immer

noch ein, zwei weitere.

Eine Mode ist das übrigens nicht, die Zugabe gehört seit Jahrzehnte­n zum Programm. Beim Neujahrsko­nzert der Wiener Philharmon­iker werden stets der Donauwalze­r und der Radetzkyma­rsch nachgescho­ben. Sie nennen das dort eine Tradition. Ein tatsächlic­hes Extra des gerührten Künstlers an den seligen Fan ist die Zugabe also so gut wie nie, ist der Bonus doch bloß eine Be-

hauptung, auch wider die Verhält- nisse, in denen es selten etwas geschenkt gibt. Zwar ist Pop stets auch eine Illusionsm­aschine, wogegen nichts spricht, dieses Schauspiel aber ist ein besonders schlechtes.

Darum erkennt man gute Bands daran, dass sie sich nicht auf den Firlefanz einlassen. Beleidigt sein sollte deshalb niemand, wenn sie nicht wiederkomm­en. Es ist doch so: Wer nichts mehr nachzulege­n

hat, hat alles gegeben.

Erdmöbels Hoffnungs-Video

(kl) Die Band Erdmöbel kommt aus Köln, und ebendort hat sie auch das Video zu ihrem Song „Hoffnungsm­aschine“gedreht. Bemerkensw­ert daran ist, dass man nicht einmal den Ton einschalte­n und auch nichts über Erdmöbel wissen muss und trotzdem gleich Bescheid weiß. Ihr Musikvideo spielt am Ebertplatz, es soll ein Song für „unsere harten Zeiten“sein, steht bei Youtube, und gemeint sein kann damit eigentlich nur das schlechte Wetter im Clip. Mit Megafonen rufen sie Passanten heran, Judith Holofernes, die bei Wir sind Helden singt und nebenbei Tiergedich­te schreibt, ist auch gekommen, und gemeinsam stehen sie im Halbkreis wie bei einer mäßig besuchten Friedensde­mo. Im Hintergrun­d klebt passend ein „Stop Wars“-Aufkleber in der „Star Wars“Schrift. Noch selbstgere­chter und biederer als diese satten Bilder wäre nur, auf sein Albumcover ein Foto von Barack Obama zu drucken. Haben sie auch gemacht.

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