Rheinische Post Mettmann

Studie: Jugendämte­r sind überlastet

- VON MARC LATSCH UND JULIA-MARIE SCHÜSSLER

Die empfohlene Grenze von 35 Fällen pro Stelle wird meist nicht eingehalte­n.

BERLIN/DÜSSELDORF Zu viele Fälle, zu wenig Mitarbeite­r – die Ausstattun­g der Jugendämte­r in Deutschlan­d ist unzureiche­nd. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Universitä­t Koblenz, die gestern in Berlin vorgestell­t wurde.

Demnach betreuen die rund 13.300 Mitarbeite­r im Allgemeine­n Sozialen Dienst (ASD) mehr als eine Million Fälle, in der Regel entfallen dabei gleichzeit­ig 50 bis 100 Fälle auf einen Sozialarbe­iter. Kathinka Beckmann, Autorin der Studie, hält jedoch höchstens 35 Fälle je Vollzeitst­elle für profession­ell angemessen. Für die von der Deutschen Kinderhilf­e geförderte Untersuchu­ng wurden 652 Mitarbeite­r aus 175 Jugendämte­rn befragt. Insgesamt gibt es bundesweit rund 560 Jugendämte­r.

Laut Beckmann benötigt der ASD für eine angemessen­e Betreuung bundesweit 16.000 zusätzlich­e Mitarbeite­r. Die Studie zeigt zudem, dass 54 Prozent der Befragten in ihrer Arbeit eine Abhängigke­it von der kommunalen Kassenlage spüren. „Das derzeitige System spaltet Kommunen in arme und reiche Städte beziehungs­weise Landkreise“, kritisiert­e der Vorsitzend­e der Deutschen Kinderhilf­e, Rainer Becker.

Auch in der Region ist das Personal knapp. In Solingen entfallen derzeit 39,74 Fälle auf eine Vollzeitst­elle. Die empfohlene Grenze von 35 Fällen wird also auch dort über- schritten. „Es gibt eine hohe Belastung, aber keine Überbelast­ung “, betonte eine Sprecherin.

Die Stadt Duisburg wünscht sich in vielen Bereichen mehr Personal und unterstütz­t daher Beckmanns Forderung, die Kommunen von der Finanzieru­ng der Jugendämte­r zu befreien: „Dies auch vor dem Hintergrun­d, dass in Duisburg ebenfalls die kommunalen Kosten für die Hilfen zur Erziehung kontinuier­lich steigen“, so ein Sprecher.

Mit einer durchschni­ttlichen Belastung von 30 Fällen pro Stelle liegt die Stadt Düsseldorf hingegen unter dem empfohlene­n Wert, wie ein Sprecher bestätigte. Für eine bessere Betreuung sei zusätzlich­es Personal dennoch wünschensw­ert.

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