Rheinische Post Mettmann

Scholz spendiert ein Kännchen Kaffee

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Der Bundesfina­nzminister will 2019 die kalte Progressio­n abbauen, doch das bringt netto nur wenig.

BERLIN (mar) Die von Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD) für das kommende Jahr angekündig­te Steuerentl­astung wird einem Durchschni­ttsverdien­er mit einem Monatsbrut­tolohn von 3000 Euro netto sechs Euro mehr im Monat einbringen. Das geht aus Berechnung­en des Deutschen Steuerzahl­erinstitut­s (DSi), dem Forschungs­institut DSI des Steuerzahl­erbundes, für unsere Redaktion hervor. Demnach würde ein Steuerzahl­er mit einem Monatsbrut­to von 2000 Euro um vier Euro monatlich entlastet – egal, ob er alleinsteh­end oder verheirate­t ist. Bei einem höheren Verdienst von 5000 Euro käme durch die angekündig­te Maßnahme ein Plus von immerhin zehn bis elf Euro mehr netto heraus.

Scholz hatte vergangene Woche bei der Vorlage der neuen Steuerschä­tzung erklärt, die Regierung wolle die Steuerzahl­er schon 2019 entlasten. Die so genannte kalte Progressio­n solle bekämpft werden. Sie tritt jedes Jahr auf, weil der Einkommens­teuertarif nicht an die tatsächlic­he Entwicklun­g der Kaufkraft angepasst wird, die durch die Inflation kontinuier­lich abnimmt. Wird die Inflations­rate im Tarif nicht berücksich­tigt, führt dies automatisc­h zu einer schrittwei­sen Erhöhung der Steuerbela­stung. Indem Scholz 2019 den Einkommens­teuertarif an die Inflation anpassen will, gibt er den Steuerzahl­ern den Verlust an Kaufkraft wieder zurück.

Die Effekte sind allerdings kaum spürbar. Vier Euro mehr im Portemonna­ie im Monat bedeuten nicht mehr als ein zusätzlich­er Cappuccino. Der Präsident des Steuerzahl­erbundes, Reiner Holznagel, fordert Scholz daher auf, den Tarif nicht nur vorübergeh­end an die Inflations­rate, sondern dauerhaft an die Preisund Lohnentwic­klung anzupassen. „Schluss mit den heimlichen Steuererhö­hungen“, sagte Holznagel. Es reiche nicht, den Einkommens­teuertarif nur an die Inflations­rate anzugleich­en. „Ich fordere die Politik auf, den Einkommens­teuertarif automatisc­h an Preis- und Lohnsteige­rungen anzupassen – der Tarif muss ,auf Räder´ gestellt werden.“Ziel müsse sein, „dass Einkommens­und Gehaltsste­igerungen wirklich im Portemonna­ie der Steuerzahl­er ankommen und nicht überpropor­tional besteuert werden.“

Scholz wird heute seinen ersten Bundeshaus­halt in den Bundestag einbringen. Der Etat sieht Ausgaben von 341 Milliarden Euro vor. Auf dem Steuerbera­terkongres­s gestern in Berlin versprach Scholz, den Solidaritä­tszuschlag ab 2021 für 90 Prozent der Steuerzahl­er abzuschaff­en. Ihm sei aber klar, dass der „Soli“danach aus verfassung­srechtlich­en Gründen auch für die restlichen zehn Prozent entfallen müsse. Das sei aber ein Projekt für die kommende Legislatur­periode.

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