Rheinische Post Mettmann

Rheinland baut auf Handball-Highlights

- VON JESSICA BALLEER UND GIANNI COSTA FOTO: IMAGO

Düsseldorf und Köln richten Super-Cup und Europas Final Four aus. Dabei fehlen der Region im Liga-Alltag Spitzenclu­bs.

KÖLN/DÜSSELDORF Für Henriette Reker ist die Sache klar. „Köln ist mittlerwei­le eine Handball-Hochburg“, sagt die Oberbürger­meisterin der Domstadt. Und sie sagt das nur wenige Minuten, nachdem sie die Halbfinalp­artien der Champions League ausgelost hat – an denen zum zweiten Mal in Folge keine deutsche, schon gar keine Kölner Mannschaft teilnehmen wird. Der HBC Nantes trifft Ende Mai im französisc­hen Halbfinald­uell auf Paris Saint-Germain und Titelverte­idiger Vardar Skopje auf MHB Montpellie­r – allerdings ist der Spielort die Kölner Lanxess Arena. Auch deswegen hat Reker mit ihrer Aussage nicht Unrecht.

Köln darf sich nicht nur auf den 26. und 27. Mai freuen, wenn zum neunten Mal das „Final Four“der Champions-League ausgetrage­n wird. Im Januar steht noch ein Handball-Höhepunkt ins Haus: In der Arena wird die WM-Hauptrunde ausgetrage­n. Neben den dänischen Städten Kopenhagen und Herning wurden Hamburg, Berlin, München und eben Köln zu Austragung­sorten bestimmt. Das bringt die Domstadt in die Nähe eines „Handball-Mekkas“im Westen. Ein Status, den sich auch Düsseldorf erarbeiten will. Denn die Landeshaup­tstadt erhielt den Zuschlag bei der Vergabe des Super-Cups. Das Duell zwischen deutschem Meister und Pokalsiege­r wird ab diesem Jahr für drei Jahre im mehr als 10.000 Zuschauer fassenden ISS Dome ausgetrage­n. „Düsseldorf ist zurück im Profi-Handball“, sagte Oberbürger­meister Thomas Geisel. Am 22. August ist es so weit, die Meister von den Rhein-Neckar Löwen stehen als Teilnehmer bereits fest.

Großturnie­re im Rheinland – und das, obwohl Handball-Spitzenspo­rt hierzuland­e rar ist. Kein Kölner Klub spielt in der ersten oder zweiten Bundesliga. Die Rhein Vikings, die in Düsseldorf ihre Heimspiele austragen, stehen im unteren Drittel der 2. Bundesliga. Um erstligare­ifen Sport zu sehen, muss man schon ins Bergische fahren – oder in das von Köln aus rund 50 Kilometer entfernte Gummersbac­h.

In Düsseldorf gab es schon eine Reihe Versuche, Handball auf höchstem Niveau zu etablieren. Frank Flatten hat als Manager der HSG von 2002 bis 2012 erfahren, wie schwierig es ist, die Wirtschaft für das Produkt zu begeistern. „Um Erstliga-Handball anzubieten, brauchst du einen Etat von 2,8 Millionen Euro. Wir haben es aber nur geschafft, rund zwei Millionen zusammenzu­bekommen. Zu wenig, um ein durch viel Konkurrenz in der Region verwöhntes Publikum zu begeistern“, sagt Flatten unserer Redaktion. „Düsseldorf ist bestimmt ein hervorrage­nder Standort, aber es reicht nicht aus, nur mitzuspiel­en. Man braucht schon Geldgeber, die es einem ermögliche­n, auch mal träumen zu können.“Flatten war zuletzt fünf Jahre Geschäftsf­ührer des Bundesligi­sten VfL Gummersbac­h und will nach seiner Freistellu­ng dort künftig als Spielerber­ater arbeiten.

Stefan Löcher, Chef der Kölner Lanxess Arena, betont die Handball-Tradition. „Die Fans fühlen sich Gummersbac­h sehr nahe, das darf man nicht unterschät­zen.“Genau wie die gesamte Champions-League sich in Köln wohlfühlt: Achtmal haben Löcher und sein Team die Champions League ausgericht­et. 20.000 Fans aus Deutschlan­d und dem Ausland kamen 2017. Etwa 60 Prozent der Fans reisten aus Deutschlan­d an, gut 40 aus dem Ausland. Auch jetzt rechnet Löcher mit solch einer Quote. „Für uns ist das Final Four nicht nur die Generalpro­be für die WM 2019“, verrät Löcher. „Es ist kein Geheimnis, dass wir uns auch um die Europameis­terschaft 2024 bemühen.“Gäbe es die Zusage, wäre Deutschlan­d erstmals Austragung­sort einer Handball-EM. Die Erfolge sind auch dem EHF-Präsidente­n Michael Wiederer nicht entgangen: „Jedes Jahr ist das hier in Köln eine richtig große Feier. Das Publikum ist super“, sagte er. Bis 2020 hat die EHF das wichtigste Turnier des europäisch­en Vereinshan­dballs denn auch an Köln vergeben. Kiel und Flensburg-Handewitt waren als letzte Bundesliga-Vertreter im CL-Viertelfin­ale ausgeschie­den. Deutsche Spieler gibt es am 26./27. Mai trotzdem zu sehen: Nationalma­nnschaftsk­apitän Uwe Gensheimer trifft mit Paris auf Nantes – und damit auf Dominik Klein, Weltmeiste­r 2007 und WMBotschaf­ter 2019. „Wir haben die deutschen Mannschaft­en vermisst. Und jetzt haben wir ein deutsches Duell“, freut sich Linksaußen Klein.

Für die Zuschauer wird die deutsche Beteiligun­g ein zusätzlich­er Grund sein, sich die Spiele nicht entgehen zu lassen. Die große Ticketnach­frage dürfte auch Düsseldorf Mut machen. Dafür, dass auch der Super Cup rund drei Monate danach im ISS Dome vor ausverkauf­ter Kulisse stattfinde­n wird. Oliver Roggisch, Sportliche­r Leiter der Rhein-Neckar Löwen, freut sich jedenfalls: „Für mich wird das Spiel in Düsseldorf besonders, mein Vater war Handballer bei der TuRu.“

 ??  ?? Riesenjube­l vor vollem Haus: Luka Cindric vom Champions League-Sieger Vardar Skobje bejubelt den Finalsieg 2017 in der Kölner Arena gegen Paris St. Germain.
Riesenjube­l vor vollem Haus: Luka Cindric vom Champions League-Sieger Vardar Skobje bejubelt den Finalsieg 2017 in der Kölner Arena gegen Paris St. Germain.

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