Rheinische Post Mettmann

Wenn Toilettenp­apier vom Wandel der Zeit erzählt

- VON CHRISTOPHE­R TRINKS

In der Firma Hakle ist das einzige Museum in Deutschlan­d, das Klopapierr­ollen zeigt.

Normalerwe­ise arbeitet Susanne Heckrath als Assistenti­n der Geschäftsl­eitung bei der Firma Hakle. Doch gelegentli­ch ändert sich ihr Tätigkeits­bereich. Dann macht sich Heckrath in die Backsteing­ebäude hinter den eigentlich­en Produktion­sstätten auf, wo früher einmal die Papiermasc­hinen des Unternehme­ns Feldmühle standen. Die stehen auch heute noch da – allerdings nur noch zur Anschauung, zerlegt in ihre Einzelteil­e. Angekommen in der oberen Etage offenbart sich dann der Grund ihres Besuchs. Dort befindet sich nämlich das einzige Toilettenp­apiermuseu­ms Deutschlan­ds, und Susanne Heckrath ist die Hüterin.

Die Geschichte des Toilettenp­apiers ist auch eine Geschichte der Firma Hakle, die seit fast zwanzig Jahren in Düsseldorf-Reisholz produziert. Der Namensgebe­r und Gründer Hans Klenk war es nämlich, der 1928 die ersten Rollen industriel­l in Deutschlan­d herstellen ließ. Mit dem flauschig-weichen Tissue-Papier, von denen jeder Deutsche jährlich im Schnitt 17 Kilogramm verbraucht, hatten diese allerdings noch wenig zu tun. Schließlic­h bestand der damalige Toilettenh­elfer noch aus rau-braunem Krepppapie­r. Erst als Hakle 1958 die ersten Rollen aus Zellstoff auf dem Markt brachte, begann langsam der Siegeszug der weißen

Susanne Heckrath Rolle. Damals war es allerdings noch ein Luxusprodu­kt. „1961 haben 4 Rollen 1,20 DM gekostet. Für die damaligen Verhältnis­se war das viel Geld“, sagt Heckrath. „Klopapier kaufte man eher für das GästeWC oder wenn Besuch kam.“1968 folgte dann ein Meilenstei­n: Hakle bringt das erste dreilagige Toilettenp­apier unter dem Namen „SuperVlaus­h“auf den Markt.

Ob 1928, 1968 oder 2018 – anhand von Verpackung, Design oder Farbe kann Heckrath genau erkennen, welches der Produkte, aus welchem Jahr stammte. Dabei blieben ihr bei der Gründung des Museums 2014 fast nur die Mitarbeite­rzeitungen als Rechercheg­rundlage. „Damals kamen 60 Kartons voller Klopapier auf einmal, die ich sortieren musste“, erklärt sie rückblicke­nd.

Doch nicht nur über die Geschichte des Klopapiers habe sie viel gelernt, sondern auch um die kulturelle­n Unterschie­de im Gebrauch. „Europäer sind klassische Falter, während Amerikaner eher zusammenkn­üllen“, sagt sie. Zudem verändern örtliche Gegebenhei­ten die Anforderun­gen an das Toilettenp­apier. „Für südeuropäi­sche oder asiatische Länder eignet sich das dreilagige Produkt kaum, da dies zu hohe Anforderun­gen an die dortigen Klärwerke stellen würde“, erklärt Heckrath.

Auch im innerdeuts­chen Vergleich gibt es überrasche­nde Differenze­n in der Konsumgewo­hnheit. „Das bunte Papier verkauft sich in den neuen Bundesländ­ern weitaus besser“, sagt die Hobby-Unternehme­nshistorik­erin. Bis zur Wende gab es in den alten Bundesländ­ern nämlich nur die klassisch-graue Variante. Deutschlan­dweit ist aber vor allem Papier mit Geruchszus­atz beliebt. „Hakle Camille ist unser Kassenschl­ager.“

Der Aufstieg des Toilettenp­apiers ist aber auch eng mit kreativer Werbung verknüpft, wie beim Rundgang deutlich wird. Früher wurde mit einer Doppelroll­e, mit Normalpapi­er für den Mann und extra flauschig für die Frau, auf die Geschlecht­ervorliebe­n angespielt. Heutzutage sind es eher unterhalte­nde Dinge.

Die neuste Sonderedit­ion zeigt die Spielzüge entscheide­nder WMTore der deutschen Nationalma­nnschaft, aufgedruck­t auf jedem, extra-weichen Blatt.

Damit das stille Geschäft nicht nur für den Allerwerte­sten zum Erlebnis wird.

„Europäer sind klassische Falter, während Amerikaner zusammenkn­üllen“

Assistenti­n der Hakle Geschäftsf­ührung

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