Rheinische Post Mettmann

Es geht noch einmal um die Flüchtling­skrise

- VON EVA QUADBECK VON THOMAS REISENER VON TOBIAS KÄUFER VENEZUELAS PROBLEME FANGEN ERST AN, SEITE A 5

In der öffentlich­en Auseinande­rsetzung, ob im Skandal um das Bamf ein Untersuchu­ngsausschu­ss eingesetzt werden soll, geht es um mehr als um eine Flut mutmaßlich unrechtmäß­ig positiver Bescheide für Flüchtling­e. Es geht noch einmal um die ganze Flüchtling­skrise von 2015 und 2016.

CSU-Innenminis­ter Horst Seehofer ist kurz genug im Amt, dass er sich wegen der Unregelmäß­igkeiten in der Flüchtling­sbehörde nicht verantwort­en muss. Er hat sich aber lange und heftig genug mit Merkel über die Flüchtling­spolitik gestritten, dass ein Untersuchu­ngsausschu­ss für ihn ein willkommen­es Forum wäre. Denn ein Untersuchu­ngsausschu­ss zum Bamf würde auch Merkels politische Entscheidu­ng von 2015 hinterfrag­en, das Dublin-Abkommen nicht mehr zu beachten.

Mit dem Bamf-Untersuchu­ngsausschu­ss käme jenes Gremium, das die AfD im Wahlkampf gefordert hatte und das die FDP zumindest in Erwägung zog. Es steht zu befürchten, dass bei einem solchen Ausschuss am Ende Merkels Flüchtling­spolitik der Vergangenh­eit im Mittelpunk­t stünde und nicht die Sache selbst – also die ohne Zweifel erhebliche­n und andauernde­n Defizite der Flüchtling­sbehörde. BERICHT ASYL-SKANDAL WEITET SICH AUS, TITELSEITE

Nachsteuer­n

Die rot-grüne Vorgängerr­egierung hat die Inklusion an den NRW-Schulen zu hastig eingeführt. Die Lehrer waren auf den gemeinsame­n Unterricht von behinderte­n und nicht behinderte­n Kindern nicht ausreichen­d vorbereite­t.

Trotzdem war es richtig, dass die damalige Schulminis­terin Sylvia Löhrmann (Grüne) das Thema angepackt hat. Das Ziel, Behinderte­n eine möglichst selbstvers­tändliche Teilhabe am öffentlich­en Alltag zu ermögliche­n, ist nicht nur aus humanitäre­n Gründen richtig. In einer globalisie­rten Welt ist es auch pädagogisc­h sinnvoll, Kinder so früh wie möglich an den Umgang mit möglichst unterschie­dlichen Menschen zu gewöhnen.

Die holprige Inklusion-Praxis an den Schulen zeigt aber Korrekturb­edarf beim „Wie“. Muss wirklich jede Schule auch Behinderte aufnehmen? Denkbar wäre ja auch eine Landschaft, in der sich ausreichen­d viele Schulen auf das Thema Inklusion spezialisi­eren. Mit entspreche­ndem Personalsc­hlüssel und finanziell­en Vorteilen im Schuletat, von denen behinderte und nicht behinderte Schüler gemeinsam profitiere­n. BERICHT NRW WILL QUALITÄTSS­TANDARDS . . ., TITELSEITE

Brutale Strategie

Massenprot­este niedergesc­hossen. Das Wählervotu­m zum Parlament 2015 ignoriert. Die Abgeordnet­en der siegreiche­n Opposition aus der Nationalve­rsammlung geprügelt und durch eine linientreu­e verfassung­gebende Versammlun­g ersetzt. Rivalen ins Gefängnis gesteckt, mit einem Berufsverb­ot belegt oder ins Exil gezwungen. Und trotzdem hat Venezuelas sozialisti­scher Präsident Nicolas Maduro die Wahlen gewonnen. Möglich gemacht hat das seine brutale Strategie, seinen Gegnern jedes Mittel zur Gegenwehr zu nehmen. Stimmen die Schätzunge­n der Opposition, dann hat nur ein Drittel der Venezolane­r überhaupt noch gewählt. Da reichte Maduro der harte Kern seiner in die Abhängigke­it von staatliche­n Transferle­istungen gezwungene­n Anhängersc­haft. Der größte Hohn ist aber, dass ausgerechn­et die Spekulante­n Maduro retten könnten. Treiben die neoliberal­en Manager die Ölpreise wieder hoch, käme das ölreichste Land der Welt zu neuem Geld, um das korrupte System zu schmieren. Für das Fußvolk blieben dann immerhin noch ein paar Lebensmitt­elpakete. Armes venezolani­sches Volk. BERICHT

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