Grüne setzen Innenministerium in Bamf-Affäre unter Druck
Bei der Sondersitzung des Innenausschusses am kommenden Dienstag stehen Amtschefin Cordt und Innenminister Seehofer im Fokus.
BERLIN Wer wusste wann was und hat dennoch nicht reagiert? Diese zentrale Frage zielt auf etliche offene Punkte bei der Aufklärung des Bamf-Skandals. Die Grünen-Fraktion im Bundestag hat gestern einen achtseitigen Fragenkatalog an das Bundesinnenministerium geschickt. „Uns reicht es nicht, nur zu hören, dass Dienstanweisungen missachtet und Asylbescheide unrechtmäßig seien. Wir wollen konkret wissen, was falsch gelaufen ist“, sagte die flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Luise Amtsberg. Sie wolle auch von Innenminister Horst Seehofer (CSU) erfahren, ob er den Willen habe, das Bamf zu reformieren.
Im Mittelpunkt steht die Bremer Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf). Die frühere Außenstellenleiterin soll zwischen 2013 und 2016 in mindestens 1200 Fällen Flüchtlingen unrechtmäßig Asyl gewährt haben. Bei fast jedem dritten positiven Bescheid war es versäumt worden, die Antragsteller auf mögliche Verbindungen zur Kriminalität oder zu Terrororganisationen zu überprüfen. Nun sollen 18.000 Bescheide der Außenstelle bis zurück ins Jahr 2000 überprüft werden.
Obwohl die Leiterin der Bremer Außenstelle längst vom Dienst suspendiert ist, entzog Innenminister Horst Seehofer der Außenstelle gestern die Zuständigkeit, in Asylverfahren zu entscheiden. Er sprach davon, dass das Vertrauen in die Arbeit der Außenstelle „massiv geschädigt“sei.
Die Sondersitzung des Innenausschusses am Dienstag könnte insbesondere für Seehofer und BamfChefin Jutta Cordt unangenehm werden. Aber auch an Innenstaatssekretär Stephan Mayer gibt es Fragen. Mayer hatte am 4. April mit der kommissarischen Leiterin der Außenstelle, Josefa Schmidt, gesprochen. Ihr waren die Unregelmäßigkeiten bei den Asylbescheiden aufgefallen. Mehrfach hatte sie versucht, das Innenministerium davon in Kenntnis zu setzen, bevor sie das Gespräch bei Mayer bekam. Die Grünen wollen nun wissen, warum der Innenstaatssekretär seine Informationen nicht direkt an den Minister weitergegeben habe. So stattete Seehofer am 6. April der Bamf-Behörde in Nürnberg einen Antrittsbesuch ab und lobte das Amt ausgiebig vor laufenden Kameras.
Auch Amtschefin Cordt wird erklären müssen, wann sie von dem Skandal erfuhr. Sie soll bereits im Februar interne Mails erhalten haben, in denen ein Gruppenleiter dazu riet, bei den Vorgängen in Bremen „nicht alles bis ins Detail“zu prüfen. Offen ist die Frage, ob und wie Cordt darauf reagiert hat und warum sie diese Mails bei einer Innenausschusssitzung im April nicht erwähnte.
Auch die Rolle von und der Umgang mit Josefa Schmidt ist unklar. Nachdem die Juristin in Bremen Alarm geschlagen hatte, wurde sie nach Bayern zurückberufen. Darüber hat sie sich beschwert und erhebt nun auch Vorwürfe, es seien Akten in Zusammenhang mit den Vorkommnissen in Bremen vernichtet worden.