Köln hat die meisten gefährlichen Orte
Das Innenministerium führt 26 Stellen in NRW auf, an denen gravierende Straftaten begangen werden. Düsseldorf wird nicht mehr genannt. Polizisten bemängeln, die Liste blende einen Teil der Realität aus.
DÜSSELDORF In Nordrhein-Westfalen gab es nach Auskunft der Kreispolizeibehörden zum Ende des vergangenen Jahres 26 gefährliche und verrufene Orte. Das ist einer mehr als Ende 2016. Die Orte verteilen sich auf zehn Städte: Borken, Dortmund, Düren, Essen, Hagen, Köln, Mettmann, Mönchengladbach, Oberhausen und Wuppertal. Das geht aus einer 485 Seiten langen Antwort des NRW-Innenministeriums auf eine Anfrage der AfD hervor.
In Mönchengladbach zählen der Europaplatz am Hauptbahnhof und ein Parkplatz am Stadion der Borussia dazu. Dort gibt es besonders viele Körperverletzungs-, Diebstahlsund Raubdelikte bei Fußballspielen. Die meisten gefährlichen Orte gibt es aber in der größten Stadt des Landes, in Köln. Allein dort hat die Polizei 15 ausgemacht – etwa den Hohenzollernring im Zentrum. Welche Stelle in Mettmann als gefährlich gilt, wollte die Polizei nicht sagen.
Nach Angaben der Polizei ereignen sich an gefährlichen Orten Straftaten von erheblicher Bedeutung, oder die Taten werden dort vorberei- tet. Zudem halten sich dort Straftäter und viele Personen auf, die gegen das Aufenthaltsrecht verstoßen.
Die Sicherheitsbehörden dürfen dort verdachtsunabhängige Kontrollen durchführen. Die Polizei hat dort also das Recht, die Personalien aller Personen ohne Angaben von Gründen aufzunehmen. In den als gefährlich klassifizierten Gegenden hat die örtliche Polizei ihre Präsenz deutlich erhöht und führt dort Einsätze mit Bundes- und Bereitschaftspolizei sowie Ordnungsbehörden durch. „Am Europaplatz haben wir eine eigene Ermittlungskommission eingesetzt“, sagte eine Sprecherin der Polizei Mönchengladbach. So halte man den Fahndungsdruck hoch.
Nach Angaben des Innenministeriums wurden seit 2010 insgesamt 44 verschiedene Orte als gefährlich geführt. Wenn Polizeikonzepte Wirkung zeigen, können Orte auch wieder aus der Liste herausfallen. Das Düsseldorfer Maghrebviertel etwa zählte vor zwei Jahren noch zu den verrufenen Orten, wird aber inzwischen nicht mehr in der Liste geführt. Auch in Recklinghausen gibt es keinen solchen Ort mehr – vor wenigen Jahren waren es noch fünf.
Anders in Köln: Dort hat sich die Lage seit 2010 nicht verbessert. Im Vergleich zum Vorjahr sind dort sogar zwei gefährliche Orte hinzugekommen. Auffällig ist auch, dass sich die Kriminalität an manchen dieser Schwerpunkte im Laufe der Jahre verändert hat. So gab es zum Beispiel im Borkener Kneipenviertel, das als gefährlich gilt, vor fünf Jahren noch viele Drogendelikte. Diese spielten im vergangenen Jahr aber keine Rolle mehr. Stattdessen gibt es dort jetzt deutlich mehr Laden- und Fahrraddiebstähle.
Experten kritisieren an der Liste, dass zum Beispiel Gegenden in Duisburg, Bochum oder Bielefeld gar nicht aufgeführt werden, obwohl es auch dort verrufene Viertel gebe – was auch der Wahrnehmung vieler Bürger entspricht. Der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Erich Rettinghaus, betonte, man dürfe einen Ort nicht nur nach den genannten Kriterien beurteilen. Formal sei die Definition zwar korrekt. Aber wie bei der jährlichen polizeilichen Kriminalstatistik würden auch bei dieser Bewertung nur die bekannten Straftaten einfließen; das sogenannte Dunkelfeld bleibe unberücksichtigt. „Uns fehlen im operativen Bereich Polizisten, die auch vor Ort Präsenz zeigen, die Straftaten verhindern und verfolgen. Diese Delikte könnten dann einfließen in die Bewertungen“, sagte Rettinghaus: „Wir bewältigen aber gerade mal die derzeitige tägliche Einsatzlage.“Kriminalität werde „verwaltet und priorisiert abgearbeitet“.