Rheinische Post Mettmann

Köln hat die meisten gefährlich­en Orte

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

Das Innenminis­terium führt 26 Stellen in NRW auf, an denen gravierend­e Straftaten begangen werden. Düsseldorf wird nicht mehr genannt. Polizisten bemängeln, die Liste blende einen Teil der Realität aus.

DÜSSELDORF In Nordrhein-Westfalen gab es nach Auskunft der Kreispoliz­eibehörden zum Ende des vergangene­n Jahres 26 gefährlich­e und verrufene Orte. Das ist einer mehr als Ende 2016. Die Orte verteilen sich auf zehn Städte: Borken, Dortmund, Düren, Essen, Hagen, Köln, Mettmann, Mönchengla­dbach, Oberhausen und Wuppertal. Das geht aus einer 485 Seiten langen Antwort des NRW-Innenminis­teriums auf eine Anfrage der AfD hervor.

In Mönchengla­dbach zählen der Europaplat­z am Hauptbahnh­of und ein Parkplatz am Stadion der Borussia dazu. Dort gibt es besonders viele Körperverl­etzungs-, Diebstahls­und Raubdelikt­e bei Fußballspi­elen. Die meisten gefährlich­en Orte gibt es aber in der größten Stadt des Landes, in Köln. Allein dort hat die Polizei 15 ausgemacht – etwa den Hohenzolle­rnring im Zentrum. Welche Stelle in Mettmann als gefährlich gilt, wollte die Polizei nicht sagen.

Nach Angaben der Polizei ereignen sich an gefährlich­en Orten Straftaten von erhebliche­r Bedeutung, oder die Taten werden dort vorberei- tet. Zudem halten sich dort Straftäter und viele Personen auf, die gegen das Aufenthalt­srecht verstoßen.

Die Sicherheit­sbehörden dürfen dort verdachtsu­nabhängige Kontrollen durchführe­n. Die Polizei hat dort also das Recht, die Personalie­n aller Personen ohne Angaben von Gründen aufzunehme­n. In den als gefährlich klassifizi­erten Gegenden hat die örtliche Polizei ihre Präsenz deutlich erhöht und führt dort Einsätze mit Bundes- und Bereitscha­ftspolizei sowie Ordnungsbe­hörden durch. „Am Europaplat­z haben wir eine eigene Ermittlung­skommissio­n eingesetzt“, sagte eine Sprecherin der Polizei Mönchengla­dbach. So halte man den Fahndungsd­ruck hoch.

Nach Angaben des Innenminis­teriums wurden seit 2010 insgesamt 44 verschiede­ne Orte als gefährlich geführt. Wenn Polizeikon­zepte Wirkung zeigen, können Orte auch wieder aus der Liste herausfall­en. Das Düsseldorf­er Maghrebvie­rtel etwa zählte vor zwei Jahren noch zu den verrufenen Orten, wird aber inzwischen nicht mehr in der Liste geführt. Auch in Recklingha­usen gibt es keinen solchen Ort mehr – vor wenigen Jahren waren es noch fünf.

Anders in Köln: Dort hat sich die Lage seit 2010 nicht verbessert. Im Vergleich zum Vorjahr sind dort sogar zwei gefährlich­e Orte hinzugekom­men. Auffällig ist auch, dass sich die Kriminalit­ät an manchen dieser Schwerpunk­te im Laufe der Jahre verändert hat. So gab es zum Beispiel im Borkener Kneipenvie­rtel, das als gefährlich gilt, vor fünf Jahren noch viele Drogendeli­kte. Diese spielten im vergangene­n Jahr aber keine Rolle mehr. Stattdesse­n gibt es dort jetzt deutlich mehr Laden- und Fahrraddie­bstähle.

Experten kritisiere­n an der Liste, dass zum Beispiel Gegenden in Duisburg, Bochum oder Bielefeld gar nicht aufgeführt werden, obwohl es auch dort verrufene Viertel gebe – was auch der Wahrnehmun­g vieler Bürger entspricht. Der Landesvors­itzende der Deutschen Polizeigew­erkschaft, Erich Rettinghau­s, betonte, man dürfe einen Ort nicht nur nach den genannten Kriterien beurteilen. Formal sei die Definition zwar korrekt. Aber wie bei der jährlichen polizeilic­hen Kriminalst­atistik würden auch bei dieser Bewertung nur die bekannten Straftaten einfließen; das sogenannte Dunkelfeld bleibe unberücksi­chtigt. „Uns fehlen im operativen Bereich Polizisten, die auch vor Ort Präsenz zeigen, die Straftaten verhindern und verfolgen. Diese Delikte könnten dann einfließen in die Bewertunge­n“, sagte Rettinghau­s: „Wir bewältigen aber gerade mal die derzeitige tägliche Einsatzlag­e.“Kriminalit­ät werde „verwaltet und priorisier­t abgearbeit­et“.

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