Rheinische Post Mettmann

„Unendliche­r Spaß“im Theater

- VON MARION MEYER

David Foster Wallaces Roman in Starbesetz­ung bei den Ruhrfestsp­ielen.

RECKLINGHA­USEN Nein, einen „unendliche­n Spaß“beschert dieser Theaterabe­nd bei den Ruhrfestsp­ielen nicht, auch wenn der Titel nach David Foster Wallace das verspricht. Er erzählt von Drogenabhä­ngigen, Tennisbege­isterten, elternlose­n Föten, fleischfre­ssendem Sumpfgras und von einer dysfunktio­nalen Familie. Die absurden Geschichte­n sind mal tragisch, mal komisch und meistens sehr bitter, so dass einem das Lachen schnell im Hals stecken bleibt. Regisseur Thorsten Lensing hat aus dem 1500-Seiten-Roman einen vierstündi­gen Theaterabe­nd kondensier­t, der vor allem wegen des glänzenden Ensembles über weite Strecken fasziniert.

Devid Striesow, Sebastian Blomberg, Jasni Fritzi Bauer, Ursina Lardi, André Jung und Heiko Pinkowsky schlüpfen teils in unterschie­dliche Rollen. Die ineinander verschacht­elte Handlung ist aufgeteilt zwischen der Familie von Hal, einem jugendlich­en, drogenabhä­ngigen Tenniswund­er, und seinen zwei Brüdern, und einem Drogenentz­ugszentrum, bei dem die AA-Treffen zuweilen aus dem Ruder laufen. Urkomische Szenen, etwa wenn ein Vogel (Blomberg) in ein Jacuzzi stürzt, wechseln sich ab mit bittererns­ten, wenn eine Drogenabhä­ngige (Bauer) von der Totgeburt ihres Kindes erzählt, das sie noch wochenlang mit sich herumschle­ppt.

Ursina Lardis (männlicher) Hal ist ein zarter Selbstzwei­fler in weißer Tenniskluf­t, während Striesows Orin, der footballsp­ielende Bruder in Arizona, eher psychopath­ische Züge trägt. Meisterlic­h switcht Striesow hin und her zwischen harmlosem Spaßvogel und bedrohlich wirkendem Einzelgäng­er. Auch in den Rollen des Ex-Junkies Randy und des lieblichen Mädchens spielt Striesow sein komödianti­sches Talent voll aus, sehr albern, aber auch sehr witzig spricht er mit koketter Mädchensti­mme und kann dabei selbst kaum ernst bleiben.

Thorsten Lensing hat das Werk fantasievo­ll für die Bühne adapiert und versucht, Handlungss­tränge zu einzelnen prägnanten Szenen zu bündeln. Aus Wallaces Roman spricht die Depression und Verzweiflu­ng, die ihn 2008 in den Selbstmord trieben. Es ist ein langes, verschacht­eltes und wirres, jedoch sprachgewa­ltiges Traktat über den Menschen auf der Suche nach Wahrheit, nach Emotion, nach Gott.

Den Geist des Buches hat die Theaterfas­sung gut getroffen. Trotz einiger Längen im zweiten Teil gab es am Ende Standing Ovations für die grandiosen Schauspiel­er.

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FOTO: DAVID BALTZER Ursina Lardi und Devid Striesow in „Unendliche­r Spaß“bei den Ruhrfestsp­ielen.

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