Rheinische Post Mettmann

KULTURTIPP­S

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Kaum Hoffnung für Flint in Michigan Franz Schuberts hinreißend­es Oktett Comicstrip­s über den Literaturb­etrieb

Polizei-Serie Flint war einst Zentrum der US-amerikanis­chen Autoindust­rie, doch das ist lange her. Seit die Fabriken geschlosse­n wurden, erinnert nur noch das verseuchte Trinkwasse­r an die einst wichtigste Schlüsseli­ndustrie der 100.000Einwohn­er-Stadt. Ganze Straßenzüg­e sind wie leer gefegt, größter Anziehungs­punkt ist in manchen Stadtteile­n der Schnapslad­en. In dieser unwirtlich­en Gegend spielt die Netflix-Dokumentat­ion „Flint Town“, die in acht Folgen vom Alltag des dortigen Police Department erzählt. Die Filmemache­r begleiten junge Kadetten mit Idealen, Hardliner, die kein Rassismus-Problem bei der Polizei sehen, und sie sprechen mit Anwohnern, die Gegenteili­ges zu berichten wissen. Sie zeigen Angehörige der Polizisten, während die nachts allein auf Streife fahren; und sie sind stets so sehr dabei, dass nicht bloß ein Bild der Polizei entsteht, sondern das Panorama einer ganzen Stadt am Abgrund. kl Klassik Immer wieder ist man erstaunt, dass gerade Komponiste­n mit besonders kurzer Lebensdaue­r besonders viele Werke geschriebe­n haben. Das Paradebeis­piel ist seit je Franz Schubert, der nur 31 Jahre alt wurde, aber in dieser Zeit ein gewaltiges Schaffen angehäuft hat; das gilt sowohl quantitati­v als auch qualitativ, nehmen wir nur die zahllosen Lieder, die Klavierson­aten, die Sinfonien.

Zugleich befand sich Schubert in einer fortwähren­den Identitäts­krise. Er wähnte sich im Schlagscha­tten Beethovens, aus dem er nach eigener Anschauung kaum herausfand. Beethovens Vorbild war ihm Orientieru­ng, Fessel, Korsett, Zwangsjack­e. Dadurch kam es immer wieder zu Unterbrech­ungen im Schaffensr­ausch. Heute weiß man, dass er im Jahr 1824 aus dieser Schreibhem­mung herausgefu­nden hatte; es entstanden mehrere Kammermusi­kwerke. von schönster und höchster Kunst. Das Oktett, gewiss eines seiner Gipfelwerk­e, wurde von keinem Geringeren als Ferdinand Graf Troyer, dem Obersthofm­eister des Erzherzogs Rudolf von Österreich-Toskana, in Auftrag gegeben, Troyer war selbst ein vorzüglich­er Klarinetti­st.

Laut Schuberts eigenhändi­ger Notiz wurde das Werk am 1. März Comic Kommt ein Mann zum Verleger und fragt: „Veröffentl­ichen Sie meine Kurzgeschi­chte?“Antwort: „Nein.“Ende. „Short Story“ist dieser Strip des britischen Comiczeich­ners Tom Gauld betitelt. Gauld zeichnet für den „Guardian“wöchentlic­h einen Comicstrip, in dem er sich die Literatur und ihren Betrieb vornimmt, und nun liegt eine Sammlung dieser Cartoons erstmals auf Deutsch vor. „Kochen mit Kafka“heißt der Band, und natürlich ist das immer schwierig: ein Buch über Bücher, und dann soll’s auch noch lustig sein – hier funktionie­rt das. Bei Gauld ist die Pointe immer nur noch ein, zwei sehr reduzierte Bilder fern, er lässt Marketing-Strategen auf den Nein-Sager Jonathan Franzen los und übersetzt „Krieg und Frieden“für das Internetze­italter. Wer nach „Kochen mit Kafka“noch mehr von Tom Gauld lesen möchte, sollte sein Buch „Goliath“zur Hand nehmen. Darin erzählt er die biblische Geschichte von David und Goliath aus der Sicht des Riesen. kl

Tom Gauld:

Edition Moderne, 160 Seiten, 19 Euro 1824 fertigkomp­oniert. Er selbst schrieb in einem Brief dazu: „Überhaupt will ich mir auf diese Art den Weg zur großen Symphonie bahnen.“Die Frucht dieser Bahnung war die sogenannte „große“C-DurSinfoni­e. Auch im Oktett gibt es bisweilen einen orchestral-sinfonisch­en Geist. Die Besetzung ist gemischt: Klarinette, Fagott, Horn und Streichqui­ntett.Die Uraufführu­ng fand – auch dies Zeichen von Schuberts Reserve – 1824 in einem Privatkonz­ert statt, die erste öffentlich­e Aufführung fand erst 1827 im Wiener Musikverei­n statt. Die Kritiker monierten allerdings die Länge: das Oktett dauert 50 Minuten.

Jetzt ist beim Label Harmonia mundi eine prachtvoll­e Neuaufnahm­e dieser bedeutende­n Kompositio­n erschienen, zu der sich namhafte Interprete­n versammelt haben, allen vor die Geigerin Isabelle Faust. Das Musizieren atmet eine herrliche Frische und Beschwingt­heit, gleichzeit­ig kommt es zu solistisch­en Delikatess­en. Famos! Wolfram Goertz

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FOTO: Z. CANEPARI Szene aus der Polizei-Doku „Flint Town“.
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